Fürth: Debatte über Wohnungsmisere

20.11.2018, 21:00 Uhr
Fürth: Debatte über Wohnungsmisere

© Foto: Ralf Münch

Viele Großstädte ziehen derzeit neue Bürger an. Und bekanntermaßen zählt auch Fürth zu jenen, die besonders stark wachsen – mit den bekannten Folgen für den Wohnungsmarkt, wenn die Nachfrage steigt und sich das Angebot verknappt: Die Mieten steigen und viele, gerade weniger zahlungskräftige Menschen, suchen lange und manchmal vergebens nach einer neuen Bleibe. Wie sich diese Problematik auflösen lässt, darüber gingen die Meinungen auf dem Podium nicht immer weit auseinander.

"Die Situation am großstädtischen Wohnungsmarkt – Ursachen, Zusammenhänge und Lösungsansätze", so lautete Rainer Schäfers Impulsreferat über die Entwicklungen der vergangenen 30 Jahre. Dabei wurde deutlich, dass bereits Anfang der 1990er Jahre manches beanstandet wurde, was noch heute Anlass für Kritik gibt: Beamte, Krankenschwestern, einfache Angestellte und Arbeiter können sich das Leben in der Großstadt nicht mehr leisten und werden ins Umland gedrängt, monierte etwa der damalige Münchener Oberbürgermeister Georg Kronawitter.

Zu hohe Vorgaben

Es werde zu wenig günstiger Mietraum geschaffen, weil die Baustandards zu hoch seien. Klingt bekannt und ließe sich wohl so fast wörtlich in den Mund von Kronawitters heutigen Nachfolgern in den Großstadtrathäusern legen. Gleichzeitig sind die durchschnittlichen Wohnflächen pro Person von damals 36 auf nun über 46 Quadratmeter gestiegen.

Schaefer, der vor 30 Jahren als Sozialwissenschaftler selbst Studien über den Nürnberger Wohnungsmarkt verfasst hat, zieht die Wirksamkeit der derzeit diskutierten Maßnahmen – sozialer Wohnungsbau, Mietpreisbremse, Wohngeld – in Zweifel. Vielmehr sollte deutlich mehr Bauland ausgewiesen beziehungsweise bestehende Flächen besser genutzt werden. Vor allem aber müssten die Baukosten gesenkt werden.

Letzteren Punkt sahen die beiden Landtagsabgeordneten Petra Guttenberger (CSU) und Horst Arnold (SPD) ganz ähnlich. Baustandards wie die Energieeinsparverordnung (EnEV) oder beim Brandschutz bedürften "einer kritischen Evaluation" (Guttenberger), weil sie "zum Teil bis zum Irrsinn" (Arnold) ausgeweitet worden seien. Der Sozialdemokrat forderte mehr Engagement der öffentlichen Hand beim sozialen Wohnungsbau und den Kommunen mehr Handlungsfreiheit, um gegen Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen zu können. Petra Guttenberger verwies auf die 10 000 geplanten Wohnungen durch die neue staatliche Wohnungsbaugesellschaft Bayernheim sowie eine gestiegene Förderung des Wohneigentums.

Hausgemachtes Problem

Neben den beiden Politikern komplettierten Ulrike Kirchhoff, die Vorsitzende des Landesverbands Haus & Grund Bayern, und Johann Zweier, Geschäftsführer der Bau- und Siedlungsgenossenschaft Volkswohl Fürth, das Podium. Für Kirchhoff ist der Wohnungsmangel hausgemacht, weil große Unternehmen ihre Mitarbeitersiedlungen "versilbert" hätten und gleichzeitig die Mietpreisbremse private Vermieter von Investitionen abhalte. "Jeder Euro, der zusätzlich in den Bau investiert werden muss, verteuert die Mieten", so Kirchhoff. Die Senkung der Baustandards sei deshalb das A und O für kostengünstiges Bauen und Vermieten.

Johann Zweier wiederum würde gerne mehr günstige Appartements in Fürth bauen, allerdings fehle es schlicht an Bauland. Als Genossenschaft werde man derzeit grundsätzlich von privaten Investoren überboten. Zu bedenken gab er außerdem die gestiegenen Ansprüche an den Altbestand: "Wohnungen mit Bädern in Bahama-Beige oder einem grünen Farbton mietet heute keiner mehr."

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