38. Jahrestag

Fürth: Feldgeschworene feierten Ehrenamt als Kulturerbe

7.12.2016, 21:00 Uhr
Fürth: Feldgeschworene feierten Ehrenamt als Kulturerbe

© Wraneschitz

Wer sind denn jene Feldgeschworenen, die sich auch „Siebener“ nennen? Welche Funktion üben sie aus? Blitzumfrage des Autors unter fünf gebildeten Freunden: keiner hatte einen blassen Schimmer. Nur der Lebensgefährte einer Freundin, Kriminalbeamter von Beruf, rief aus dem Wohnzimmer die richtige Antwort heraus. Feldgeschworene sind keine Reichsbürger und kein heimliches Schwurgericht mit brennendem Kreuz, sondern höchst ehrbare Männer – und seit 1981 auch Frauen. Der Feldgeschworene hat das älteste Ehrenamt in Bayern inne und seit kurzem steht er – Verdienst vor allem einer Frau – auf der Liste des immateriellen Kulturerbes Bayerns.

Fürth: Feldgeschworene feierten Ehrenamt als Kulturerbe

© Foto: Budig

Früh schon haben sie in Franken gewirkt: Aus Langenzenn ist ein Streit überliefert, im Jahr 1426, der von den sieben ortsansässigen Feldgeschworenen beigelegt wurde. Es ging um Wasserrechte, wer wie viel kostbares Trinkwasser aus der Zenn schöpfen darf. Die Siebener haben entschieden. Das Recht, das sie sprachen, galt. Außerdem ist schon damals vermerkt, wie das Ehrenamt zu vergüten sei: Es gab einen Ballen Stroh für jeden.

Viel mehr Belohnung haben die gewählten „ehrbaren“ Bürger auch heute nicht zu erwarten. Ihre Aufgabe ist auch in Zeiten digitaler Vermessung gleich geblieben: Es wird über Grenzmarkierungen und die korrekte Lage von Grenzsteinen entschieden.

Um das zu gewährleisten, vereinbaren die gewählten Grenzschützer eines Ortes seit alters her geheime Zeichen, die um die offizielle Grenzmarkierung vergraben oder angebracht werden. Die Siebenerzeichen sind meist besonders geformte und beschriftete Hinweise aus dauerhaftem Material, z. B. gebranntem Ton, Glas, Porzellan oder Metall. Sie werden im Bereich des Grenzsteins in einer nur den Feldgeschworenen bekannten Anordnung ausgelegt. Ihre Lage bleibt ein Geheimnis der Eingeweihten. So kann im Bedarfsfall geprüft werden, ob etwa ein Betrug vorliegt, ein Grenzstein heimlich versetzt wurde.

„Das war und ist eine wichtige, friedensstiftende Funktion“, erläutert Jutta Massl aus Großhabersdorf. Ihr Vater Friedrich Büttner arbeitet im nächsten Jahr 50 Jahre lang als Feldgeschworener. Massl kennt das Wesen des Grenzschutzes also seit ihrer Kindheit und ist die erste Frau bei den Fürther Feldgeschworenen. Sie hat die Initiative ergriffen, das Ehrenamt als immaterielles Kulturerbe vorzuschlagen und fand Unterstützung bei Landtagsabgeordneten wie Petra Guttenberger oder dem früheren Kreisheimatpfleger Helmut Mahr.

Die Tradition gilt etwas: Es sind praktisch alle wichtigen lokalen Politiker da, bei diesem Morgentermin im Gasthaus Tulpe in Burgfarrnbach: Der Fürther OB Thomas Jung und der Landrat Matthias Dießl haben sogar 500 Euro „Vespergeld“ von der Sparkasse gebracht. Aus München ist Kultur-Staatssekretär Bernd Stibler gekommen.

Zwar gehören die Feldgeschworenen zum Finanzministerium, doch das immaterielle Kulturerbe verleiht ein zur Kultur gehörendes geheimes Gremium. Weitere Beispiele dafür sind etwa das Bayerische Reinheitsgebot, das Historienspektakel „Landshuter Hochzeit 1475“, die „Kinderzeche“ zu Dinkelsbühl, die Markttradition des „Münchner Viktualienmarktes“ oder die „Passionsspiele Oberammergau“ – nicht aber der Fürther Kärwazug, dessen Aufnahme abgelehnt wurde, wie Jung erwähnte.

Etliche Fürther Feldgeschworene wurden für ihre jahrzehntelange Dienstzeit geehrt: Konrad Haßler (50 Jahre), Johann Dürschinger, Friedrich Schuh, Konrad Weghorn (je 40 Jahre), dazu etliche 25er. Für die Geehrten und die Jüngeren gilt der Satz des Kultusbeauftragten Stibler: „Technische Perfektion und historisches Wissen machen die gelebte Tradition der Feldgeschworenen aus.“

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