Fürth: Musik gegen die Tyrannei

26.6.2016, 16:00 Uhr
Fürth: Musik gegen die Tyrannei

© Dittmar

Nur drei Aufführungen hat das Expat Philharmonic Orchestra aus Rostock geplant: in Berlin, Fürth und Schwäbisch Gmünd. Gewidmet ist das Projekt dem 100-jährigen Jubiläum des „Halbmondlagers“ für muslimische Kriegsgefangene in Wünsdorf-Teltow bei Berlin, wo die erste Moschee Deutschlands mit 25 Meter hohem Minarett stand und 30 000 Internierte unter grausamen Bedingungen als Kanonenfutter im Kampf gegen England ausgebildet wurden.

Der Klangkörper rekrutiert sich unter anderem aus geflohenen Angehörigen des Philharmonischen Orchesters Damaskus, die an der Rostocker Musikhochschule ein neues Betätigungsfeld gefunden haben. Im Januar ließen sie erstmals mit Beethovens 9. Sinfonie in Rostock aufhorchen. Nach Fidelio wollen sie sich der Mozartoper Idomeneo und Strawinskys Geschichte vom Soldaten widmen.

Für Fürth hat Fidelio eine ganz besondere Bedeutung. Mit dieser Oper wurde am 17. September 1902 das Stadttheater eröffnet. Da im Theater kein Termin mehr frei war, muss nun die Stadthalle als Opernbühne herhalten. Keine schlechte Wahl, weil hier mehr Zuhörer Platz finden. Auf das Projekt hatte Höffner-Chef Kurt Krieger den Fürther OB aufmerksam gemacht. Thomas Jung griff die Idee einer Aufführung spontan auf — als Benefizkonzert für die von rund 500 ehrenamtlichen Kräften getragene Fürther Flüchtlingshilfe.

Möbel Höffner ermöglicht als Hauptsponsor neben dem Lions Club, dem Rotary Club und den Soroptimistinnen Fürth dieses Benefiz. Schon 2014 hat Höffner mit der Umwandlung seines ehemaligen Ronhofer Möbelhauses in eine große Flüchtlingsunterkunft in schwieriger Zeit Zeichen gesetzt. Die Fidelio-Produktion hat aber auch einen ganz persönlichen Bezug zum Sponsor, denn die Titelpartie singt Barbara Krieger, am Salzburger Mozarteum ausgebildete Ehefrau von Kurt Krieger, seit 1997 Solistin an der Wiener Staatsoper.

Fidelio-Regisseur Anis Hamdoun stammt aus einer Theaterfamilie der umkämpften syrischen Stadt Horms und ist schwer verletzt 2012 nach Deutschland geflohen. Er stellt das Opernthema der politischen Freiheit und individuellen Verantwortung in den Kontext aktueller Ereignisse. Der Idee globaler Toleranz und Brüderlichkeit ist das von Julien Salemkour geleitete Expat Philharmonic Orchestra verpflichtet. Flüchtlinge und Auswanderer aus 13 Nationen, vorwiegend aus dem arabischen Raum, spielen mit Fidelio gegen Unterdrückung und Fremdenfeindlichkeit an. Salemkour, dessen Vater aus Algerien stammt, ist Staatskapellmeister an der Staatsoper Berlin. Für ihn ist die Musik eine leicht verständliche, universelle Sprache, mit der Menschlichkeit und Solidarität ebenso Ausdruck bekommen kann wie Anklage. An der Fidelio-Aufführung wirken Mitglieder des Chores der Staatsoper Berlin, des Stuttgarter Staatstheaters und des Staatstheaters Nürnberg mit. Maher Farkouh leitet den Trägerverein des Flüchtlingsorchesters „Musicians for One World“. Er lobt das Engagement der Stadt Rostock in höchsten Tönen. Noch 1992 hatten hier die schlimmsten fremdenfeindliche Ausschreitungen seit Kriegsende für Schlagzeilen gesorgt.

Ludwig van Beethoven: Fidelio, 12. Juli, 20 Uhr, Einlass 19 Uhr, Stadthalle Fürth, Eintrittskarten (25/21 Euro) sind an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich und unter www.reservix.de. Der Verkaufserlös kommt jeweils zur Hälfte der Flüchtlingshilfe Fürth und dem Expat Philharmonic Orchestra zugute.

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