Fürther Initiative beklagt Behördenwillkür

26.7.2018, 11:00 Uhr
Fürther Initiative beklagt Behördenwillkür

© Foto: dpa/Martin Schutt

Junge lern- und arbeitswillige Menschen auf der einen, Fachkräftemangel auf der anderen Seite. Eigentlich ideale Voraussetzungen, um zueinander zu finden. Wäre da nicht die restriktive Praxis der Ausländerbehörden – so sehen es jedenfalls die Vertreter der Initiative.

Vor zwei Jahren sei es noch deutlich leichter gewesen, Flüchtlinge in ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis zu bringen, berichtet Barbara Bach. Die Sozialpädagogin betreut junge Migranten in Wohngruppen und engagiert sich nun auch als Sprecherin für "Bildung statt Abschiebung". Seit dem vergangenen Sommer, als eine Weisung des Bundesinnenministeriums "die Hürden radikal erhöht" habe, lebten viele ihrer Schützlinge wie "auf Eis, im Stand-by-Modus".

Mühlen der Bürokratie

Ahmed Hiran ist einer von ihnen. Der 19-Jährige kam vor vier Jahren aus Afghanistan, machte hier seinen Hauptschulabschluss und steckt seit über einem Jahr in den Mühlen der Bürokratie fest. Gegen die Ablehnung seines Asylantrags läuft eine Klage beim Verwaltungsgericht. Trotzdem dürfte der Aufnahme einer Ausbildung eigentlich nichts im Wege stehen. Gerade dann, wenn die sogenannte 3+2-Regelung für Geflüchtete konsequent angewandt würde. Sie ist Teil des Integrationsgesetzes von 2016 und soll Einwanderern zumindest eine Duldung ihres Aufenthalts während einer anerkannten dreijährigen Ausbildung plus zwei weiterer Jahre als Facharbeiter ermöglichen.

"Es scheitert am politischen Willen der Behörden", sagt Rechtsanwältin Elisa Urbanczyk, "dabei liegt die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im Ermessen der Ausländerbehörden." Die Hindernisse, die man jungen Menschen in den Weg lege, nähmen mittlerweile "absurde Züge" an. Eine einheitliche Linie würden die Ämter dabei nicht fahren. "Das läuft völlig willkürlich", heißt es. Bei Ahmed Hiran scheitert es konkret an der Klärung seiner Identität. Er selbst trage zwar nach Möglichkeit alles dazu bei, trotzdem bleibt ihm aktuell nicht viel mehr, als sich um Praktika zu bewerben.

Zumindest einen Schritt weiter ist der 18-jährige Zubair Hashimi. Nach dem Quali begann der junge Iraner im vergangenen Jahr eine Ausbildung zum Hotelfachmann. Trotzdem stehe er unter Druck, weil er nicht wisse, wie es weitergeht. Für seinen Chef Daniel Enders, Geschäftsführer des Fürther Mercure-Hotels, ist es außerdem ein Unding, dass Hashimi keinen Zuschuss aus der Berufsausbildungsbeihilfe bekommt: "Den erhält jeder Einheimische, der ihn braucht, aber Zubair bleiben gerade einmal 50 Euro im Monat für Lebensmittel."

"Tut im Herzen weh"

Nachwuchskräfte werden auch auf dem Bau händeringend gesucht. Garten- und Landschaftsbauer Florian Köpsel hätte 2017 gerne drei Flüchtlinge als Azubis eingestellt, eine Genehmigung gab es aber nur für einen. "Mir tut das im Herzen weh, wenn ich sehe, mit welcher Bereitschaft diese jungen Menschen anpacken und sich eine Zukunft aufbauen wollen, aber nicht dürfen." Und selbst dringend benötigte Pflegekräfte würden aus der Ausbildung heraus abgeschoben, darauf verwies der Beauftragte für Migration und Kirchenasyl sowie Pfarrer von St. Martin, Kuno Hauck, und berichtete von einer Ukrainerin, die vor wenigen Tagen nach Kiew abgeschoben wurde.

Die Fürther Initiative fordert daher unter anderem, Abschiebungen während Schule oder Ausbildungen einzustellen, eine konsequente Anwendung der 3+2-Regelung und damit eine Wertschätzung der "vielerorts hervorragend durchgeführten Integrationsarbeit". Diese habe Geflüchtete in Jugendhilfeeinrichtungen auf ein stabiles Lebensfundament gestellt – mit zum Teil massiven Investitionen der öffentlichen Hand und privater Initiativen. Doch anstatt die Geflüchteten ihren Beitrag für die Gemeinschaft leisten zu lassen, produziere die jetzige Ablehnungspraxis weitere Kosten wie Asylbewerberleistungen.

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