Fürther Neonazi zu Gefängnisstrafe verurteilt

20.5.2011, 09:00 Uhr
Fürther Neonazi zu Gefängnisstrafe verurteilt

© Horst Linke

Als der Prozess beendet ist, will ein Teil der Zuschauer klatschen, doch Gerd Engelhardt erstickt den Applaus im Keim. „Ich will nichts hören, alle raus jetzt“, grantelt der Jugendrichter. Vor dem Saal wartet bereits ein Großaufgebot von Polizisten, die verhindern sollen, dass Mitglieder der rechten und der linken Szene aneinandergeraten.

So wie in einer Märznacht des vergangenen Jahres. Damals stießen Jugendliche, die zur Antifaschistischen Linken Fürth (ALF) gehören, vor dem Rathaus auf zwei Neonazis. Es kam zu Pöbeleien. Die Rechtsextremen orderten per Handy Verstärkung, das ALF-Trio nahm Reißaus. Allerdings holten drei Neonazis einen damals 19-Jährigen vor der Gaststätte „Caesar’s“ ein. Dort sollen sie ihn geschlagen, zu Boden gebracht und auf ihn eingetreten haben. „Zehn bis zwanzig Tritte“, gab das Opfer zu Protokoll.

Es gibt Zeugen. Allerdings hat niemand die Tat lückenlos beobachtet. Als „Dreh- und Angelpunkt“ bezeichnet der Staatsanwalt einen Mann, der vor einem Dönerladen eine Zigarette rauchte, als es passierte. Der Staatsanwalt hält ihn vor allem deshalb für glaubwürdig, „weil er keinem der beiden Lager angehört“.
 

Opfer malträtiert


Der Zeuge sah, wie das Opfer malträtiert wurde, „und zwar so schlimm, dass er dachte, er müsse selber etwas tun“, wie Richter Engelhardt sagt. Er ging in den Laden, um ein Pfefferspray zu holen. Als er wiederkam, war bereits alles vorbei.

Vertreten werden zwei der drei Neonazis von den Anwälten Frank Miksch und Stefan Böhmer, die schon häufiger Rechtsextreme betreuten. Miksch will vor allem seinen Mandanten aus der Schusslinie nehmen, der laut Staatsanwalt „massivst vorbelastet ist“. Unter anderem musste er sich wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und versuchter Nötigung verantworten. Einmal soll er ein Hakenkreuz ins Auto eines Türken geritzt haben. Ein Anti-Aggressionstraining hat er bereits hinter sich.

Vorwurf „Belastungseifer“

Die Antifa-Mitglieder, so Miksch, wüssten sehr wohl, dass sein Mandant „eine offene Bewährung hat“. Er warf ihnen „Belastungseifer“ vor, um den 24-Jährigen hinter Gitter zu bringen. Dabei habe dieser, um seine Bewährung wissend, nicht zugeschlagen. Eine anderslautende Aussage des Opfers sei „erstunken und erlogen“. Zudem schlössen die leichten Blessuren des 19-Jährigen aus, dass er gleich von drei Männern getreten wurde.

Wie Miksch fordert auch Böhmer einen Freispruch. Anhand der Zeugenaussagen sei es „nicht möglich, einem der Beschuldigten irgendeine Tat nachzuweisen“. Doch das sieht der Richter anders. „Sie drei, wie Sie hier sitzen, sind hinterhergerannt und waren daran beteiligt.“ Die gesamte Auseinandersetzung bezeichnet er als „Platzhirschgehabe“. Dafür spreche auch das „Altstadtverbot“, das einer der Neonazis einem Beteiligten ausgesprochen hatte, kurz bevor die Situation eskalierte.

Dass das Opfer kaum verletzt wurde, sei unerheblich. „Es ging Ihnen nicht darum, jemanden körperlich kaputtzumachen“, spricht Engelhardt die Angeklagten an: „Sie wollten ihn demütigen und zeigen, wir sind hier die Chefs.“ Dennoch sei es eine Körperverletzung und wenn mehrere zuschlagen, werde es juristisch gesehen zur gefährlichen Körperverletzung.

Dass der 24-Jährige nicht beteiligt gewesen sein will, sei lediglich eine Schutzbehauptung. Weil er bereits zweimal gegen seine Bewährung verstoßen hat, könne man nur, so der Richter, mit einer deutlichen Strafe reagieren. Sein Urteil: ein Jahr und sieben Monate Gefängnis. Gegen einen 29-jährigen Mittäter verhängt er neun Monate zur Bewährung. Der Dritte im Bunde, ein 20-Jähriger, fällt unter das Jugendstrafrecht und muss zwei Wochen in Jugendarrest.

Gegen den 24-Jährigen erlässt Engelhardt Haftbefehl. Er muss vom Gerichtssaal direkt in Untersuchungshaft, bis das Urteil rechtskräftig ist. Der Verteidigung bleibt eine Woche Zeit, Einspruch einzulegen.

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