Fürther Rentner geben Führerschein für Gratis-Tickets ab

13.11.2016, 05:58 Uhr
Fürther Rentner geben Führerschein für Gratis-Tickets ab

© Foto: Hans Winckler

Dass die Idee gut ist, fand Georg Anselstetter vorher und auch nachher. Aber dieser Moment, in dem er seinen alten Führerschein, einen grauen Lappen, der ihn durchs Leben begleitet hatte, im Ämtergebäude an der Schwabacher Straße aus den Händen gab, der war nicht ohne. „Es ist mir schon schwer gefallen“, gesteht er hinterher, als alles erledigt und unterschrieben ist und die Mitarbeiterin, Sabrina Schneider, ihm noch alles Gute für die Zukunft wünscht. Eine Zukunft ohne Auto – oder allenfalls als Beifahrer.

Sabrina Schneider und ihre Kollegen nehmen die Führerscheine entgegen, von denen sich ältere Menschen freiwillig trennen. 163 waren es dieses Jahr – das ist eine außergewöhnlich hohe Zahl. Dass einer seine Fahrerlaubnis abgab, ohne dazu wegen körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen behördlich verpflichtet zu werden, kam in früheren Jahren nur vereinzelt vor, sagt Andreas Abele, Bereichsleiter in der Fahrerlaubnisbehörde des Straßenverkehrsamts.

Werbung für Verzicht

Eine Erklärung gibt es für die sprunghafte Zunahme freilich: Im Januar machten die Stadt und die infra Werbung für den freiwilligen Verzicht – und dafür, dass sie älteren Menschen den nicht ganz leichten Schritt mit Gutscheinen für öffentliche Verkehrsmittel versüßen. Drei 9-Uhr-Mobi-Cards im Wert von je 55,30 Euro bekommen die Senioren. Mit diesem übertragbaren Monatsticket können zwei Erwachsene und bis zu vier Kinder Busse und Bahnen im Stadtgebiet Fürth nutzen – unter der Woche ab 9 Uhr, an Wochenenden ohne zeitliche Einschränkung. Findige Ehepaare hat das Straßenverkehrsamt schon kennengelernt, die ihre Fahrerlaubnis zeitversetzt abgaben – um so sechs Monate lang gratis mobil sein zu können.

Dass das Angebot auf so eine große Resonanz stößt, hätte er nicht erwartet, sagt Abele. „Damit haben wir nicht gerechnet.“ Dass ein Anreiz helfen könnte, ahnte man allerdings schon: „Ab und an haben bei uns Leute nachgefragt, ob es so eine Aktion gibt.“ Andere Städte machen damit schon seit längerem gute Erfahrungen, unter anderem Ansbach und Schwabach. In Fürth hatte der städtische Seniorenrat das Projekt angeregt.

Gefahr für sich und andere

Wie berichtet, geht es darum, Autofahrern, die mit zunehmendem Alter eine Gefahr für sich und andere sein können, den Abschied vom Steuer zu erleichtern. Zwar haben Senioren viel Erfahrung im Straßenverkehr gesammelt – doch kann es leicht zu Unfällen kommen, wenn das Augenlicht nicht mehr mitmacht, ein steifer Nacken das Drehen des Kopfes erschwert oder die Reaktionsgeschwindigkeit deutlich nachlässt.

Unfallfrei sei er in den vergangenen Jahrzehnten gefahren, betont Georg Anselstetter, der mit seinen 98 Jahren noch ungewöhnlich fit ist und sich allein um seinen Haushalt kümmern kann. Seinen Wagen hat er geliebt, erzählt er, „es war ein wunderbares Auto, der schönste Mercedes in ganz Deutschland, 13 Jahre alt“. In letzter Zeit aber sei er damit schon viel weniger unterwegs gewesen als früher, „nur wenn es nicht anders ging“.

Kein Ärger mehr

Die Entscheidung, das Autofahren aufzugeben, habe er recht spontan und schnell gefasst: Ein Nachbar, der seinen Wagen für ihn jedes Jahr zum TÜV gebracht hat, habe ihn auf die Idee gebracht. „Er hat gesagt: Ich kauf Ihnen den Wagen ab, dann haben Sie keinen Ärger mehr mit der Versicherung, mit der Kfz-Steuer, mit dem TÜV. . .“, berichtet Anselstetter. Der Nachbar bot an, ihn künftig zum Einkaufen auch mal mitzunehmen.

Als er sich das so durch den Kopf gehen ließ, sei er bald überzeugt gewesen. Zum Supermarkt – alle 14 Tage macht er einen größeren Einkauf – und zum Tanztee komme er schließlich auch mit dem Bus recht bequem. Und dann ist da ja noch das Geld, das er für den Verkauf des Autos bekam: „Da kann ich mir doch auch mal ein Taxi leisten!“

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