Golem-Premiere: Kraftprotz aus eigener Werkstatt

17.6.2013, 13:18 Uhr
Golem-Premiere: Kraftprotz aus eigener Werkstatt

© Rudi Ott

im Rahmen der Theatertage im Fürther Kulturforum Premiere.
Anna, Pawel, Marie und Jamal sind richtig gute Freunde. Doch ein paar andere wollen ihnen dauernd Böses. Mal wird Jamal auf offener Straße verprügelt, mal zünden sie Maries Kiosk an. Anna reicht es, sie will sich wehren, ein Beschützer muss her, der die Freunde vor Angriffen verteidigt, aber den anderen nicht wirklich wehtut. So einer wie der Golem, der im 16. Jahrhundert die Juden von Prag beschützt haben soll, geschaffen von Rabbi Löw aus Lehm, Wasser und einer Portion Zauberkraft.

Die drei alten Juden, die sonst immer Rat wissen, können ihn nicht backen. Also probiert es Anna selbst.

Das Theater Mummpitz hat sich mit der Golem-Legende einen schwierigen Stoff ausgesucht und daraus selbst ein sehr zeitloses Stück gebaut, das in der bewährten Regie von Jean-Paul Denizon mit so ziemlich allem aufwartet, was Theater bieten kann: Erzählung direkt ins Publikum, eine Rahmenhandlung, die fließend in die Geschichte vom neu geschaffenen Golem übergeht, Livemusik (natürlich klezmer-gefärbt von Bettina Ostermeier an der Klarinette sowie Tobias Zillner an Tuba und Posaune) und Feuer — im wörtlichen und übertragenen Sinn.

Mit der Schubkarre bringt die zierliche und temperamentvolle Panja-Kristin Rittweger als Anna den Sand für den Golem-Bau, Michael Bang mimt (nach gespielter Weigerung) den stummen Kraftprotz mit Lehm-Gesicht, der sogar eine Kartoffel zerdrücken kann, Michael Schramm ist Pawel, der zaudernde Kumpel, und Sabine Zieser die nette Marie. Mit kleinen Slapstick-Nummern und großer Geste halten sie die Zuschauer im Bann.

Wenn die drei Alten mit Papier-Bärten und Hüten auf ihren Stühlen diskutieren, schrammt das nah an der Juden-Karikatur vorbei (die wohl die Zuschauer ab zehn, für die das Stück gedacht ist, gar nicht verstehen werden).

Doch die Brisanz des Themas — eine Minderheit, die sich zu wehren versucht und der die Wehrhaftigkeit und der Zorn allmählich aus dem Ruder läuft — liegt auf der Hand. Die neugierigen Nachbarn schauen (video-projiziert) aus dem Fenster und schließen dann ungerührt die Läden. Ein raffinierter Effekt, der mehr erzählt als viele Worte.

Der Riese tötet schließlich die Gegner, was Anna wütend macht. „Dann sind wir ja auch nicht besser als die.“ Ein Stück mit Witz, über das es aber auch viel zu diskutieren gibt. Was will man mehr?

Weitere Vorstellungen bis 30. Juni, Karten-Tel. (0911) 9742400

 

Keine Kommentare