Hardenberg: Eine ganze Schule im Gaming-Fieber

31.5.2020, 16:00 Uhr
Hardenberg: Eine ganze Schule im Gaming-Fieber

© Foto: Isabel Pogner

Federführend bei dem Projekt ist Markus Piller. Der Mathe-, Religions- und Musiklehrer wollte ursprünglich seine sechste Klasse einspannen, um das Schulgebäude nachzubauen – als die Pandemie noch nicht in Sicht war. Die Schüler sollten dabei mithilfe des Programms einen praktischen Bezug zur Mathematik bekommen.

"Corona hat uns aber einen Strich durch die Rechnung gemacht", berichtet Piller. Die Sechstklässler hätten in der Heimarbeit das Interesse verloren. Dafür meldeten sich immer mehr Schüler aus der Mittel- und Oberstufe – "und dann hat sich das Projekt verselbstständigt". Auch Simon Friedrich ist mit eingestiegen.

Er erklärt: Die Welt in Minecraft besteht aus Blöcken, die verschiedene Materialien darstellen. Die Spieler können die Blöcke stapeln und so Landschaften erschaffen. Profis – und da zählt Simon dazu – können auch Gegenstände nachbauen. Er selbst hat für den Computerraum Bildschirme und Tastaturen gebastelt. "Für diesen Computer habe ich fünf Stunden gebraucht!", sagt er und präsentiert einen virtuellen kantigen Bildschirm samt Tastatur.

Ein Film entsteht

Die Schüler kümmern sich – je nach Fähigkeiten – um unterschiedliche Aufgaben. Zudem gibt es eine Liste, die abgearbeitet werden kann. Die Profis übernehmen die schwersten Arbeiten, wie das Basteln neuer Elemente oder langer Mauern. "Da kommt dann Mathematik ins Spiel", sagt Piller. "Wir vermessen die Gebäude mit Google Earth und rechnen die Innenwände aus. Da haben sich einige große Mühe gegeben."

Eigentlich war geplant, am Schulfest im Juli einen Stand aufzubauen, an dem die Besucher mittels VR-Brille durchs digitale Schulhaus laufen können. Das Fest wurde allerdings wegen Corona abgesagt. Der neue Plan ist nun, einen kurzen Imagefilm fürs Hardenberg-Gymnasium zu produzieren. Mit Führungen durch die Räume und knackiger Musik.


#WeVsVirus: So entstand das Video des Hardenberg-Gymnasiums


Die ist auch schulintern entstanden: Pillers Matheschüler Toni Beier hat die Beats fürs erste Video selbst komponiert und produziert – und arbeitet schon am passenden Sound für die nächsten Clips. "Ich mache schon lange Musik und bin DJ", sagt der 17-Jährige. Gebaut hat er übrigens auch: In der Schule trifft er sich mit dem Technik-Team oft in der Turnhalle. "Und weil ich die so gut kenne, habe ich das komplette Interieur alleine gemacht."

Simon lobt das Ergebnis. Er sitzt vor seinem Computer, drückt auf der bunt blinkenden Tastatur Tastenkombinationen und auf dem Bildschirm gleitet der Blick über das Fenster der Turnhalle hinaus in den Pausenhof.

Auch offline ist Simon im Dienst des Projekts unterwegs: "Herr Piller hat mir letztes Jahr einen Zettel in die Hand gedrückt." Auf dem stand, was alles vermessen werden muss. Also marschierte Simon mit Anweisungen und Zollstock los. Jetzt ist die Umgebung an der Reihe: Kürzlich machte er Fotos von der Bushaltestelle. Inzwischen kommen dem Minecraft-Fan auch viele administrative Aufgaben zu. Er koordiniert als Techniker das Team und kontrolliert, dass jeder nur das baut, was er soll.

Geheime Tunnel? Verboten!

Anders als im Dachgeschoss bei den Kunsträumen: Da hat sich offenbar jemand neben den Schränken verkünstelt. "Was machen denn diese Katzenköpfe hier?", fragt Simon belustigt und sprengt die unpassende Dekoration. Auf schwerere Vergehen, wie beispielsweise das Bauen von unterirdischen Tunneln und geheimen Bunkern, steht zeitweiliger oder im schlimmsten Fall sogar dauerhafter Ausschluss aus dem Projekt.

Insgesamt seien aber alle hochmotiviert bei der Sache, sagt Piller. Und das, obwohl die Schüler das komplett in ihrer Freizeit machen. Wenn die Schule fertig ist, könne man womöglich weitere Gebäude nachbauen – das Rathaus vielleicht? "Dem ist kein Ende gesetzt", prophezeit der Lehrer.

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