Häusliche Gewalt: Opfer sollen schnell Hilfe finden

3.4.2018, 16:00 Uhr
Wird die Polizei zu einem Fall von häuslicher Gewalt gerufen, trennt sie die Beteiligten und weist das Opfer auf die Interventionsstelle hin.

© dpa Wird die Polizei zu einem Fall von häuslicher Gewalt gerufen, trennt sie die Beteiligten und weist das Opfer auf die Interventionsstelle hin.

Nicht jede Frau, die häusliche Gewalt erlebt, muss aus ihrem bisherigen Leben fliehen und Zuflucht in einem Frauenhaus suchen. Der Umzug in so eine Einrichtung ist immer ein gewaltiger Einschnitt, sagt Eva Göttlein, Vorsitzende des Trägervereins des Fürther Frauenhauses. Ein Einschnitt, auf den man möglichst verzichtet.

Für die vielen Frauen, die die Spirale aus Demütigungen und Gewalt vielleicht noch anders, frühzeitiger durchbrechen können, ist die Interventionsstelle mit ihrem sogenannten "proaktiven Ansatz" gedacht. Sie bietet ihnen in Notsituationen rasch und unkompliziert Beratung und Unterstützung.

Der Ablauf: Wenn die Polizei zu einem Fall von häuslicher Gewalt in der Stadt oder im Landkreis Fürth gerufen wird, weisen die Beamten das Opfer auf das Angebot der Interventionsstelle hin. Ist die Frau einverstanden, übermitteln die Beamten ihre Kontaktdaten per Fax den Beraterinnen, die ihr Büro im Frauenhaus haben. Innerhalb von drei Tagen meldet sich eine von ihnen dann telefonisch bei der Betroffenen.

Sie wird versuchen, auszuloten, wie sie die Frau am besten unterstützen kann, und auf Hilfen aufmerksam machen. Bis zu drei weitere Gespräche können folgen, am Telefon oder persönlich. Wollen sich die Frauen mit der Beraterin treffen, stehen dafür die Räume des Multikulturellen Frauentreffs in der Moststraße zur Verfügung, die zentral gelegen sind. Bei Sprachproblemen werden Dolmetscherinnen hinzugezogen.

In den Beratungsgesprächen geht es unter anderem darum, die Gefährdung der Frauen einzuschätzen, ihnen rechtliche Informationen an die Hand zu geben und einen Weg aus dem Gewaltkreislauf zu finden. "Wichtig ist uns, dass die Frau möglichst in ihrer Wohnung bleiben kann", sagt Göttlein, "und der Mann auszieht."

123 Faxe sind im vergangenen Jahr eingegangen, abgeschickt von den Polizeiinspektionen in Fürth, Stein und Zirndorf. Fürth ist damit nach Schwabach die "faxreichste" Interventionsstelle in der Region, sagt Eva Göttlein. Die Zusammenarbeit mit der Polizei sei beispielhaft. Die Zahlen stellte Göttlein jüngst auch im Beirat für Sozialhilfe, Sozial- und Seniorenangelegenheiten vor.

Oft sind Kinder involviert

108 Frauen wurden zwischen Januar und Dezember 2017 telefonisch erreicht, 102 wurden beraten. In vielen Fällen waren Mütter betroffen, deren Kinder die Gewalt miterlebten. Die Interventionsstelle vermittelte etliche Frauen an Institutionen wie den Krisendienst Mittelfranken oder den Weißen Ring weiter. Das Angebot sei so wichtig, sagte Göttlein, dass die Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen seit 2015 von fünf auf 15 Wochenstunden aufgestockt wurde.

Auch der Freistaat erkennt den Wert der Interventionsstellen an und will sie dauerhaft finanzieren, unter der Voraussetzung, dass die Kommunen zehn Prozent der Gesamtkosten zahlen. In Fürth beträgt der städtische Eigenanteil 3000 Euro im Jahr, das Frauenhaus stemmt weitere 3000 Euro. Die Mittel sind für 2018 bereits zugesagt. Der Beirat für Sozialangelegenheiten will sich dafür einsetzen, dass der Zuschuss für die Zukunft fest im Haushalt verankert wird.

Viel zu wenig Plätze in Frauenhäusern

Göttlein erinnerte in der Sitzung zudem daran, dass dringend mehr Plätze in bayerischen Frauenhäusern gebraucht werden: Jede zweite Frau muss abgewiesen werden, auch weil die Zimmer sehr lange belegt sind. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum macht es den Frauen schwer, sich ein neues Leben aufzubauen.

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