I wie Irrgang

15.8.2012, 22:00 Uhr
I wie Irrgang

© Pfeiffer

Individuell, innovativ, inspirativ und irgendwie anders. Ulrike Irrgang spielt auf ihrer Webseite mit dem I, weil es nicht nur für ihren Namen steht, sondern auch für Ideen und Identität. Für die beiden zentralen Punkte ihrer Arbeit als Designerin und Künstlerin also. „Ich sehe mich in meinem Beruf in der Ideenfindung, fast schon in der Beratung“, sagt sie.

Ein Name bekommt Gewicht, wenn Unternehmen, Institutionen oder Selbstständige ein neues Logo suchen oder sich anders am Markt positionieren wollen. „Ein Name ohne Inhalt bleibt eine Hülle“, ist Ulrike Irrgang überzeugt. Deshalb ist der erste Schritt zum Logo ein langes Gespräch. Firmen oder auch Institutionen erzählen dabei, wo sie sich sehen, wer die Zielgruppe ist und wie sie ihre Unternehmenskultur leben. „Ich spreche gern auch mit Mitarbeitern“, sagt Irrgang. Denn sie sind die Kontaktfläche nach außen und haben vielleicht eine ganz andere Wahrnehmung als der Chef.

Seine Einschätzung, wie etwas wirkt, trügt oftmals. Ulrike Irrgang erzählt von der Anfrage eines Geschäfts, das schon einen Slogan hatte: „Unsere Schuhe können mehr.“ Doch der Laden verkauft weder besonders gestylte Stiefel noch orthopädische Sandaletten. „Nichts versprechen, was man nicht halten kann. Dann lieber ganz reduziert“, sagt sie. „Wir sind ein Schuhladen, das wäre ein guter Satz.“

Selbst ein gutes Motto ist nur die halbe Miete des Logos. Die Designerin schaut sich bei der Recherche auch an, wie sich ihr Auftraggeber bisher präsentiert hat und was die Konkurrenz zu bieten hat. Wenn sie diese „immense Vorarbeit“ hinter sich hat, geht die 44-Jährige gern spazieren: „Das arbeitet einfach in mir weiter. Manchmal habe ich eine plötzliche Eingebung, die kann wie ein Blitz treffen.“ Das Logo der Theaterwerkstatt des Jugendamtes etwa sieht aus wie eine Arbeitsplatte, aus der die Theater-Buchstaben gesägt sind.

Witzig und nicht gleich auf den ersten Blick zu durchschauen. Das muss nicht verkehrt sein, wie Audi beweist. August Horch, der die A. Horch & Cie Motorwagenwerke mitbegründet hatte, schied im Streit. Für seine neue Firma durfte er seinen Namen aus rechtlichen Gründen nicht verwenden. Er tat es trotzdem: Audi ist der lateinische Imperativ von Horch!

Wie aus dem passenden Namen ein stimmiges, ein unvergessliches Logo wird? „Ein Logo ist ein Schriftzug, der zum Bild wird.“ Ulrike Irrgang scribbelt gern, wenn sie vom Blitz getroffen wurde. Die Idee wirft sie aus dem Handgelenk aufs Papier und setzt sich erst an den Computer, wenn der Entwurf präsentabel wird. Zwei, drei Motive schlägt sie ihrem Auftraggeber vor. Manchmal nur eines. „Bis jetzt war es meist ein Treffer“, sagt sie und klopft vorsichtshalber auf Holz.

Mit Leben erfüllen

So schön ein Logo und so klangvoll ein Name ist, beides wird nur bestehen, wenn es mit Leben gefüllt wird. Wenn der Name dem Gegenüber etwas sagt. Wie das mit Irrgang ist? Ein toller Name, den Ulrike Husmeier erheiratet hat. Einer, der Bilder heraufbeschwört und beim Hören sofort eine Reaktion auslöst. Meist eine positive, aber nicht immer. „Ich werde auch oft Irrgarten genannt und habe schon ,Sie sind aber gestraft!‘ gehört.“

Der Name geht ursprünglich auf Ketzer – Irrgänger – zurück, die religiös und politisch anders dachten und die Mächtigen störten. Irrgang könnte auch der Narr sein, der unbequeme Wahrheiten ausspricht. Oder auf Labyrinthe mit ihren verschlungenen Wegen und einem Ausgang hindeuten. All das trifft irgendwie, sagt die Rheinländerin, die in Voerde geboren ist und in Fürth lebt.

Ulrike Irrgang hat die Schule der Phantasie gegründet und beflügelt seit 2008 als Kreative die Rosenschule, sie hat als Künstlerin den Rathausturm schräg gestellt, verbreitet „Fürther Ansichten“ auf Postkarte und hat 2007 das Projekt „Verloren in Fürth“ initiiert. Ihre eigentliche Liebe aber gilt der Kunst. Der Bogenhof in der Bogenstraße soll zum Kraftzentrum werden, hier will sie Blicke öffnen und Sichtweisen ver-rücken.

So wie beispielsweise Popart-Künstler Keith Haring. Er hat nach Zeichencode gemalt, wie Menschen in der Steinzeit: Herz mit Strahlenkranz gleich positive Energie. Überhaupt, sagt Ulrike Irrgang und blättert in dem Standardwerk „Der Mensch und seine Zeichen“ von Adrian Frutiger, haben sich die Schriften aus Bildern entwickelt – und die Buchstaben werden nun in einem Logo wieder zur Hieroglyphe. Genau wegen solcher Wendungen, sagt die Designerin, „darum ist der Irrgang da“.

 

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