Ich bin ein Mensch, hör mir zu

17.10.2017, 14:00 Uhr
Ich bin ein Mensch, hör mir zu

© Foto: Budig

Maria Isabella, sieben Jahre alt, bekommt seit zwei Jahren Klavierunterricht. Sie geht zum Flügel im gut gefüllten Gemeindesaal. Ihre Eltern filmen die Szene mit dem Handy. Sie kommen aus Rumänien. Alle drei haben sich schick gemacht, denn der Auftritt von Isabella, die zwei Stücke spielt, ist schon etwas Besonderes. "Sie übt fast jeden Tag", sagt die Mama mit berechtigtem Stolz. Später singt das Mädchen auch noch live ein Lied, nur mit der Klavierbegleitung ihrer Lehrerin Ludmilla Zeitler. Mutig und ganz schön toll.

Die kleine Szene zeigt, worum es bei der Aktion der "Fürther Musikspatzen", wie sie sich nennen, geht. "Wir möchten einkommensschwachen Familien, meist Hartz-IV-Empfängern, Musikunterricht ermöglichen. Mit dem Zehn-Euro-Kulturgutschein kommt man ja nicht weit", erklärt Elisabeth Walter, eine Seniorin, die für die Musikspatzen Sponsoren besorgt und auch sonst hilft, wo sie kann.

Die Kinder erhalten, damit es auch zu einer nachhaltigen Instrumenten-Ausbildung führt, Einzelunterricht. Und wie man am Auftrittstag sieht, die ganze Mühe trägt Früchte. Außer Klavier können die Kinder auch Gitarre und Trommel spielen lernen. Zum ersten Auftritt gehört trotzdem eine gehörige Portion Mut, das merkt man Anna Mai, Sophia Krause und Celine Kretschmann, Mädchen zwischen 8 und 12 Jahren, an, die zum Beispiel aus der fünften Symphonie von Beethoven den berühmten ersten Satz spielen oder "Für Elise" vom gleichen Komponisten anklingen lassen.

Chopin ohne Holperer

Das türkischstämmige Mädchen Zeynep ist zwar schon 15 Jahre alt und erhält seit sechs Jahren Klavierunterricht; doch auch die Schülerin vom Helene-Lange-Gymnasium atmet tief ein, um die Nervosität vor Publikum abzuschütteln. Für Emanuel (14, die Eltern kommen aus Rumänien) ist das ganze schon Routine. Deshalb hat man ihn als Moderator der Show gewählt. Er ist schon oft vor Sponsoren der Musikspatzen aufgetreten. Zu denen zählen die hiesige Sparkasse, die Bürgerstiftung, die Kuhlmann Stiftung, Dr. Biermann und die "Sternstunden" des Bayerischen Rundfunks.

Dann setzt sich Emanuel doch noch ans Piano und spielt Chopin, ein schwieriges Stück, fließend und ohne zu stocken. Er tritt schon in der Kirche auf, doch sein Berufswunsch ist Elektriker.

Nach den Einzelauftritten folgt die Band. Günther Hartel, Leiter beim Kinder- und Jugendhilfezentrum Fürth (KJHZ) und Hobby-Gitarrist, bittet um Verständnis: "Das gemeinsame Musizieren ist noch schwerer als der Soloauftritt." Ricky Brandscher hat selbst den Text zum Song der Band, in der auch drei unbegleitete Jugendliche aus Eritrea mitmachen, geschrieben: "Ob ich schwarz bin oder weiß" heißt der Song, und in diesem Liedtext ist alles gesagt, was sich neue Bürger aus aller Welt hier erhoffen: "Ich bin ein Mensch, sieh mich an. Tu nicht so, als seist du feiner, ich bin dein Freund, sei du auch meiner."

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