In Fürth und im Landkreis sterben die Bauernhöfe

28.2.2021, 16:00 Uhr
In Fürth und im Landkreis sterben die Bauernhöfe

© Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Sterben die Bauern aus, Herr Köninger?

Peter Köninger: Das nicht, aber die Betriebe werden weniger und verändern sich. Denn mit unseren Urprodukten, also beispielsweise mit Getreide, Fleisch oder Milch, erlösen Landwirte heute nicht mehr als vor 30 Jahren. Die Höfe werden größer. Außerdem sucht man sich Nischen, geht in die Direktvermarktung oder gründet einen Hofladen. Aber das ist natürlich kein Allheilmittel.

In Fürth und im Landkreis sterben die Bauernhöfe

© Foto: Andre de Geare

Weshalb?

Köninger: Wenn eine Nische sich mehr und mehr füllt, gibt es irgendwann eine Beule. Ein großes Problem ist auch die Arbeitsfalle. Wenn ich 150 Stück Vieh im Stall habe und die Tiere versorgen muss, dann kann ich mich nicht noch in einen Hofladen stellen. Ohne zusätzliche Arbeitskräfte geht das nicht. Das überfordert die Familien. Aber wir haben im Landkreis junge Leute mit guten Ideen. Mir fällt da die Haskap-Beere ein, die angebaut wird, oder die Rosa Kuh in Obermichelbach, wo man verschiedene Milchprodukte direkt vom Hof bekommt. Und dann haben wir Betriebe, die seit langem auf Sonderkulturen wie Erdbeeren und Spargel setzen, aber das geht natürlich nicht in jeder Größenordnung.

Aber regionale Lebensmittel sind doch angeblich immer mehr gefragt.

Köninger: Ich glaube, da hat jetzt in der Pandemie ein gewisses Umdenken stattgefunden. Die Leute haben Zeit, kochen selbst, kaufen gute Lebensmittel und sind bereit, mehr Geld auszugeben. Ein Indiz dafür ist, dass etwa in den Supermärkten die Regionaltheken immer größer werden. Aber wir brauchen beides in Stadt und Land, die Betriebe in der Urproduktion und die Direktvermarkter. Wobei eines klar ist: Landwirte können klassische Handwerksberufe wie Bäcker oder Metzger nicht ersetzen.

Was macht die Pandemie eigentlich mit der Landwirtschaft?

Köninger: Was Rind- und Schweinefleisch angeht, um nur zwei Bereiche herauszugreifen, sind die Märkte zusammengebrochen. Restaurants sind geschlossen, da werden keine Steaks verkauft. Dann kommt noch die Afrikanische Schweinepest dazu, die beispielsweise den Export nach Asien lahmgelegt hat. Und aktuell, das ist wie bereits im vergangenen Jahr, haben wir natürlich das Problem mit den Saisonarbeitern aus Osteuropa. Wir hoffen, dass das gelöst wird.

Welche Rolle spielt die Bürokratie?

Köninger: Ein Landwirt hat sehr viel Büroarbeit. Das nimmt zu und wird auch immer komplizierter. Wenn ich Förderanträge ausfülle, müssen die Zahlen stimmen. Sonst ist der Vorwurf des Subventionsbetrugs gleich in aller Munde. Auch den Vorgaben der Düngeverordnung muss ich nachkommen. Schließlich schwebt über allem die behördliche Kontrolle.


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Die Düngeverordnung wird von der Landwirtschaft stark kritisiert. Dabei geht es speziell um die sogenannten Roten Gebiete, in denen das Grundwasser eine hohe Stickstoffbelastung ausweist. Dort muss die Düngemenge künftig 20 Prozent unter dem Bedarf liegen. Können Sie das Problem so erklären, dass es auch Laien verstehen?

Köninger: Also vorab: In der Stadt sind 20 bis 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Rotes Gebiet, im Landkreis etwa ein Drittel. Das Thema ist komplex. Aber ich versuche es mal so: Wenn ich hart arbeite und weiß, ich brauche täglich 3500 bis 4000 Kalorien. Was passiert, wenn ich die Menge um 20 Prozent reduzieren muss? Ich kann auf Dauer nicht mehr alles im gewohnten Ausmaß leisten. In der Landwirtschaft, ich greife jetzt mal den Gemüseanbau heraus, bedeutet das, man kann nicht mehr in der erforderlichen Qualität produzieren. Wenn der Blumenkohl gelbe Blätter hat, nimmt den kein Supermarkt und kein Verbraucher ab.

Mehr Auflagen, sinkende Gewinne, ein schlechtes Image – und dann wirft der Landwirt hin?

Köninger: Dazu kommt noch ein anderer Aspekt: Junge Menschen sind oft nicht mehr bereit, quasi rund um die Uhr sieben Tage in der Woche zu arbeiten, wie sie das bei ihren Eltern und Großeltern gesehen haben. Das ist zu akzeptieren. Früher war es so, dass ein Hof im Vollerwerb beim anstehenden Generationenwechsel vielleicht auf Nebenerwerb umgestellt wurde. Das heißt, man suchte sich eine Stelle und betrieb die Landwirtschaft nebenbei. Diese Stufe fällt heute oft aus. Der Hof wird aufgegeben und die Flächen verpachtet.


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Oder verkauft. Beispielsweise an Landwirte aus dem Knoblauchsland, die in großen Gewächshäusern Gemüse ziehen wollen. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Köninger: Wenn auf diese Weise gewachsene Strukturen vor Ort zerschlagen werden oder die Wasserversorgung nicht gesichert ist, habe ich damit ein Problem. Was mich aber noch viel mehr aufregt, ist die Freiflächenphotovoltaik. Die Projektierer würden am liebsten gleich immer Anlagen auf 20 Hektar bauen. Dadurch wird der Landwirtschaft viel Fläche entzogen.

Läuft die Entwicklung beim Höfesterben in Stadt und Landkreis parallel zum bayernweiten Trend?

Köninger: Die offiziellen Zahlen sehen so aus: 2005 hatten wir noch 585 Betriebe, 15 Jahre später 452, also etwa ein Viertel weniger. Ich brauche mich ja nur bei mir im Ort umzuschauen. In Kreben waren wir mal zwölf Bauern, jetzt sind wir noch zweieinhalb.

Und was wird mit Ihrem Hof?

Köninger: Mein Sohn ist 28 Jahre alt und hat seinen Master in Agrarwirtschaft gemacht. Er hat ein Faible und ein Auge für die Tiere und sieht seine Zukunft im Betrieb.

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