Junge Fürther Streichhölzer auf dem Höllentrip in herbstlichen Klangfarben

29.9.2015, 12:00 Uhr
Junge Fürther Streichhölzer auf dem Höllentrip in herbstlichen Klangfarben

© F.: Hans Winckler

Strübings op. 124 steht in Form und Tonsprache auf traditionellen Säulen. Das Werk hat einen einzigen großen Satz, gegliedert in sieben Einzelteile, und drei Kadenzen, entsprechend dem dreisätzigen Satzschema eines Instrumentalkonzerts. Auch verzichtet Strübing, wie der Komponist ausdrücklich betont, auf „experimentelle Klänge“; ihm geht es darum, Schönheit aus subjektiver Sicht darzustellen.

Geheimnisvoll beginnen die „Herbstfarben“ mit einem Prolog und einer Melodie, die von der mit Doppelgriffen gespickten Kadenz abgelöst wird. „Mit Entschiedenheit“ legt dann das Orchester mitsamt üppigem Schlagwerkapparat in federnden Rhythmen los, bis die Solovioline zärtliche Klänge anstimmt — bei der Aufführung wurde sie allerdings vom Orchester stellenweise zugedeckt.

Im vierten Abschnitt gibt es gewaltige Steigerungen mit auftrumpfendem Blech, dankbare Aufgaben in schillernden Klangfarben für jede Instrumentengruppe. Bei der Wiederaufnahme des Anfangstempos darf sich das Orchester ungehemmt austoben, ehe die technisch wieder höchst anspruchsvolle Solokadenz einsetzt und in eine mystisch-romantische Welt eintaucht. Walzerklänge, vom Bass-Pizzicato, erinnern von fern an die Spätromantik eines Richard Strauss. Der Epilog bleibt der Violine vorbehalten, die puren Wohlklang verströmt.

Erfolg oder Misserfolg einer Uraufführung sind stark von den Interpreten abhängig. Jessica Hartlieb, Stimmführerin der 2. Violinen der Nürnberger Philharmoniker, war eine brillante Gestalterin des Soloparts, und das sowohl in den mit großem Ausdruck servierten lyrischen Passagen wie auch in den Kadenzen, die höchste technische Anforderungen stellen. Überlegen führte Dirigent Bernd Müller sein Orchester.

Eröffnet hatten das Konzert Vor- und Nachwuchsorchester mit fünf Ausschnitten aus Mozarts „Zauberflöte“ in einer Bearbeitung für Streichorchester, intonationssicher, schwungvoll und klangschön vorgetragen. Und wie die Vorband bei einem Rockkonzert, so machen sich die streichenden Nachwuchsmusiker natürlich auch Hoffnung auf einen baldigen Einsatz im „Hauptact“. Einen gewaltigen sinfonischen Brocken hatten sich Müller und seine Jungen Fürther Streichhölzer für den zweiten Teil aufgeladen, die „Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz. Das vom Komponisten zugrunde gelegte Programm könnte in der Gegenwart lauten: Unglücklich verliebter Junkie durchlebt Höllentrip und stirbt nach einer Überdosis Heroin – „wieder ein Drogentoter“, ist dann lapidar in der Zeitung nachzulesen.

Die Streichhölzer erwiesen sich bei diesen „Episoden aus dem Leben eines Künstlers“ unter Müllers zupackender Leitung als Klangkörper von Format: dynamische Steigerungen in den „Träumereien und Leidenschaften“, Walzerseligkeit auf dem Ball, von dessen wiegendem Dreivierteltakt sich die Kontrabassisten sichtbar anstecken ließen, bedrohliche Untertöne in der ländlichen Idylle mit schönem Zwiegesang von Englischhorn und Oboe, herrlich ohrenbetäubender Lärm auf dem Richtplatz, beim Hexensabbat und bei der Höllenfahrt des „Dies irae“. Frenetischer Beifall in der vollbesetzten Kirche.

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