Kampf ums Mittagessen in den Kitas

21.12.2010, 22:00 Uhr
Kampf ums Mittagessen in den Kitas

© Hans-Joachim Winckler

Silvia Varga (49) ist die gute Seele im Hort Pfisterkiste. Keine Pädagogin, sondern zweifache Mutter, allein erziehend, langzeitarbeitslos. Seit Mai ist sie für die Mahlzeiten im Hort zuständig. Varga kocht täglich frisch für 40 Kinder, die laut Hortleiterin Hanne Wiest fast alle aus Migrantenfamilien stammen und deren Eltern meist von Arbeitslosengeld II leben.

Varga serviert diesen Kindern Gemüseauflauf oder Hähnchenschnitzel mit grünem Salat, und an manchen Nachmittagen schnippelt sie mit ihnen zusammen Früchte für einen Obstsalat oder backt Vanillekipferl. Ein Lob ging Silvia Varga „ins Herz“, wie sie gesteht. „Da haben mir Mädchen gesagt, dass mein Essen so lecker schmeckt.“

Am Mittwoch werden es die Hortkinder zum letzten Mal genießen können. Dann hat Varga ihren letzten Arbeitstag. Ihr Vertrag mit der städtischen Beschäftigungsgesellschaft elan läuft zum Jahresende aus. Varga ist nicht die einzige „hauswirtschaftliche Helferin“, wie es offiziell heißt, die dann ihren Job verliert.

Jugendamtschef Josef Lassner zufolge nehmen allein zwanzig städtische Kindergärten, Krippen und Horte die Dienste Arbeitsloser bei der Essenszubereitung und -verteilung sowie dem Abwasch des Geschirrs in Anspruch. Eine zeitraubende Aufgabe sei das, zu viel für die Erzieherinnen, ergänzt Josefine Siefert, im Jugendamt zuständig für Kindertagesstätten. Denn: Anders als früher nähmen heute die meisten Kinder in den Betreuungseinrichtungen warme Mahlzeiten zu sich. Beispielsweise gibt der Hort Kalbsiedlung laut Siefert pro Tag 146 Essen aus.

Ab Mitte/Ende Januar wieder warmes Essen

Allein in den städtischen Einrichtungen stemmen diese Aufgabe nach Angaben von Stefan Schmidt, der bei elan auch für die Küchenhilfen zuständig ist, mit Varga zurzeit 27 Personen im Rahmen von Ein-Euro-Jobs und anderen Maßnahmen, mit deren Hilfe die Betroffenen wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden sollen. Das Problem: Ein Teil dieser Maßnahmen endet nun. In 13 Fällen heißt das, so Schmidt: Nur wenn sich andere Projekte finden, die von der Hartz–IV-Arge und der Stadt abgesegnet und finanziert werden, lässt sich der personelle Engpass überwinden.

Während Eltern laut Wiest schon aufgeregt fragen, ob sie nun selber kochen sollen, der Elternverband klagt, dass „es nichts zu essen“ gibt und das Jugendamt die Eltern schriftlich darauf hinweist, dass der Absatz „Mittagessen“ in ihrem Betreuungsvertrag entfällt, sagt Schmidt, er habe Lösungen und das vorläufige Okay der Arge. Zumindest ab Mitte/Ende Januar bekämen die Kinder wieder warme Essen.

Silvia Varga wird dann nicht mehr in der „Pfisterkiste“ kochen. Für sie habe keine der infrage kommenden Maßnahmen gepasst, sagt Schmidt mit Verweis auf formale Voraussetzungen. Schmidt gesteht, dass er bis Freitag auch nicht wusste, wie es weitergeht. Eigentlich weiß er es noch immer nicht. Der Grund: Im Bundesarbeitsministerium stehe der Begriff „zusätzlich“ auf dem Prüfstand, der entscheidend ist für die Beschäftigung Langzeitarbeitsloser. Sie dürfen keinen regulären Arbeitsplatz ersetzen, nur „zusätzliche Aufgaben" übernehmen. Die Frage also ist, ob ein warmes Essen in der Kita Pflicht ist oder Kür.