Kleeblatt: Sind die Ansprüche zu hoch?

14.8.2012, 22:00 Uhr
Kleeblatt: Sind die Ansprüche zu hoch?

© Wolfgang Zink

Holger Schwiewagner lässt einen daumendicken Papierstapel durch die Finger gleiten. Lauter Faxe, Gesprächsnotizen und Ausdrucke von E-Mails, die den Geschäftsführer der SpVgg-GmbH in den vergangenen Wochen mehr oder weniger geärgert haben. Irgendwann war das Maß offenbar voll. Schwiewagner hat das Bedürfnis, einiges zu erklären, ein paar Dinge geradezurücken, die seiner Meinung nach seit dem Aufstieg verschoben wurden. Seine Kernaussage: „Das Anspruchsdenken muss sich ändern, sonst rauben wir uns selber die schöne Fußball-Euphorie.“

Kleeblatt: Sind die Ansprüche zu hoch?

© Zink

Die Fans, meint der nach Präsident Helmut Hack zweitmächtigste Mann beim Kleeblatt, müssten begreifen, dass die inklusive Praktikanten und Auszubildenden 21 Köpfe zählende Verwaltung des Fußball-Bundesligisten seit Monaten permanent am Anschlag schufte. „Das hat mit geregelten Arbeitszeiten nichts mehr zu tun.“ Beispielsweise erhalte allein die Mitarbeiterin am Empfang rund 150 Anrufe pro Tag und der Kollege, der das Ticketing verantwortet, im gleichen Zeitraum etwa 200 Mails. „Es ist uns unmöglich, schon jetzt überall Strukturen zu schaffen, die erstklassig sind. Deshalb werden wir sicher weiter Fehler machen.“ Ein zu rasches Wachstum, meint Schwiewagner, wäre auch ungesund. „Wenn wir anfangen, eine Telefonanlage zu installieren, wo man mit der Eins beim Ticketing, mit der Zwei beim Merchandising und mit der Drei sonst wo landet, ist das nicht mehr unsere SpVgg.“

Der Verein, sagt Schwiewagner, wolle so familiär wie möglich bleiben. Ein Teil der Fans müsse erst noch lernen, was das wert sei. Statt froh zu sein, überhaupt eine ergattert zu haben, beschwerten sich manche Anhänger, weil sie keine Dauerkarte für ihren Lieblingsplatz erhielten. Andere, so Schwiewagner, moserten über den Wegfall ihres Parkplatzes neben der alten Südtribüne, und wieder andere empfänden die Öffnungszeiten der Geschäftsstelle als unzureichend, wo dort doch sowieso schon von früh bis spät gearbeitet werde. „Nichts gegen konstruktive Kritik“, sagt Schwiewagner, aber vor allem nach der peinlichen Panne beim Dauerkartenverkauf — die letztlich ein externer Dienstleister auf seine Kappe nahm — seien einige seiner Mitarbeiter „sehr persönlich angegangen“ worden. „Das ist nicht akzeptabel.“

Genau genommen stieß das Kleeblatt schon mit dem Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund in eine neue Dimension vor. Die Zahl der Medienanfragen, Sicherheitsauflagen und sonstigen organisatorischen Probleme überschritt bei weitem das Niveau, das der Verein von der 2. Bundesliga her kannte. Jetzt bastelt die SpVgg an Strukturen, die dieses Bohei alle zwei Wochen aushalten. Zudem lässt der Aufsteiger in rekordverdächtigem Tempo unter anderem eine neue Tribüne aus dem Boden stampfen. „Alles in allem“, sagt Schwiewagner, „haben wir momentan 20 Einzelbaustellen im Stadion.“ Beispielsweise werden an den Eingängen neun neue Drehkreuze eingebaut. Trotz dieser und anderer Maßnahmen: „Eine Viertelstunde vor Spielbeginn ankommen und dann entspannt zum Sitzplatz laufen — das geht jetzt nicht mehr“, kündigt Schwiewagner an.
 

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