Kleine Plagegeister auf der Burg

15.8.2019, 06:00 Uhr
Kleine Plagegeister auf der Burg

© Petra Fiedler

Wer an Ritterburgen und ihre tierischen Bewohner denkt, hat meist Pferde, Jagdfalken oder Hunde vor Augen. Kaum einer denkt an Winzlinge, die ein besonders inniges Verhältnis zum Menschen pflegten: Flöhe waren die ständigen Begleiter. Im Aktionsjahr "Tiere" widmete sich die Cadolzburg als "Museum für alle Sinne" diesen Plagegeistern.

Kleine Plagegeister auf der Burg

© Hans-Joachim Winckler

Eine Flohfalle wollen die Museumspädagogen mit den Mädchen und Buben basteln. Einen kleinen Behälter, wie er auch im späten Mittelalter, als die Cadolzburg entstand, getragen wurde. "Flöhe waren eine Plage", erklären Barbara Stockmann und Maximilian Keck und verraten, wo sich die hüpfenden Blutsauger überall aufgehalten hatten.

Sie versteckten sich unter Hauben und Hüten, in den Nähten und Stoffen der selten gewaschenen Kleider, sie hielten sich im Stroh auf, das in den Häusern und Burgen als Bodenbelag diente, hockten in Betten und natürlich im Fell der Haustiere.

"Den Flöhen kam keiner aus", erfahren die Kinder und auf den Gesichtern zeichnet sich Ungläubigkeit ab, wenn Barbara Stockmann erzählt, dass man sich überall und ständig gekratzt und dabei keinerlei Scham empfunden hat.

Eine Flohfalle, so Maximilian Keck, sei die einzige Maßnahme gewesen, die im Mittelalter verfügbar war, um gegen die Plage vorzugehen. Man fertigte kleine Behälter, kunstvoll perforiert und zum Öffnen. In der Flohfalle befand sich ein mit Blut getränktes Stoffstück. Der Blutgeruch sollte die Insekten anlocken. Mit etwas Honig als Klebstoff wurden die Schädlinge festgesetzt.

"Keiner weiß aber, wie erfolgreich das war", muss Keck einräumen. Dennoch sei es ein Privileg der Reichen gewesen, sich ein solches Stück an den Körper zu hängen. "Die schönsten Flohfallen wurden kunstvoll aus Elfenbein geschnitzt", weiß Keck, und seine Kollegin erklärt, dass sehr reiche und vornehme Menschen sich zudem einen Flohpelz um die Schultern hängten. Im Balg von Fuchs, Iltis oder Zobel sollten sich die Blutsauger tummeln statt am menschlichen Körper. Während die Menschen des Mittelalters diese Lebewesen ertragen mussten, hat sich Robert Birk den Umgang mit den Flöhen selbst ausgesucht. Seit 2003 geht er mit ihnen auf Tournee, seit über 15 Jahren mit einem eigenen Flohzirkus. Am Pisendelplatz hat er seinen Wagen aufgestellt und präsentiert im roten Livree Zirkuskunst im Kleinstformat.

Ein Sprung auf den Kölner Dom

Mit der vier Jahre alten Laura hat er an diesem Nachmittag eine wissbegierige Besucherin. Fasziniert beobachtet der Blondschopf durch die Lupe, wie ein einziger Floh ein Schmuckstück von 35 Gramm auf der Präsentationsscheibe bewegt, wie ein anderer mit einem Styroporkügelchen Fußball spielt und drei weitere glitzernde Miniaturkutschen ziehen.

Robert Birk beschreibt die Sprungkraft eines Flohs so: "Auf die Größe bezogen, müsste ein Mensch auf den Kölner Dom springen. Ziehe man einen Vergleich mit dem Gewicht, dann müsste er es auf den Mount Everest schaffen."

Ebenso rekordverdächtig sei die Zugleistung. Sie entspricht dem 20 000-fachen des Flohgewichts. "Das ist recht niedrig", merkt Birk trocken an. Fünf weibliche Flöhe, berichtet er, wiegen etwa ein Milligramm.

Es ist eine Tüftelei, diese Tiere so zu konditionieren, dass sie sich in der Flohmanege präsentieren. Robert Birk arbeitet mit Licht und Dunkelheit und einem 0,15 Millimeter dünnen Draht. Er ist das "Zaumzeug" für die Artisten, die nach wenigen Wochen Zirkusdienst auf einer Wiese in die Freiheit entlassen werden.

Die bayerische Schlösserverwaltung wird sich im Aktionsjahr Tier noch weiterer Burgbewohner annehmen: Bienen und Falken, Fledermäusen und Pferden.

Für die beiden Brüder Jan und Max aus Erlangen hatte aber auch das Thema Floh seinen Reiz. Sie nudeln und kneten die Masse aus der die Flohfallen entstehen sollen und finden: "Gemein, dass gerade so kleine Flöhe den Menschen das Leben so vermiest haben."

Mehr zu den besonderen Führungen unter www.burg-cadolzburg.de

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