Kofferfabrik: Stille Nacht, sumpfige Nacht

18.12.2015, 11:35 Uhr
Kofferfabrik: Stille Nacht, sumpfige Nacht

© Foto: Tim Händel

Zwischen Erlangen und Hersbruck, beim Bardentreffen und im K 4 sind sie schon alte Bekannte. Nach Fürth aber brachte sie der Mississippi-Dampfer erst zum zweiten Mal. Doch die frisch renovierte Kofferfabrik mit mehr Platz für Bands und Publikum, besserer Sicht und feinerem Sound war die ideale Kulisse, um diese vier Herzblut-Blueser genauer kennen zu lernen.

Zwei Grafiker, ein Arzt und ein Tontechniker haben sich in ihrer kargen Freizeit dem Drone Blues verschrieben, den die Schwarzen in den Sümpfen des Mississippi kreierten. Aber auch den Swamp Rock aus den benachbarten Sümpfen Louisianas beansprucht die „Convention“ für sich.

Und so haben die vier — drei Pegnitz-Buben und ein Elbe/Alster-Kind — sich in wenigen Jahren aus klassischen Songs, aus Vorlagen ihrer Mississippi-Vorbilder Junior Kimbrough und R. L. Burnside sowie mit etlichen eigenen Kompositionen ein beachtliches Repertoire geschaffen. Das ergibt – nicht zuletzt dank des weit in den Jazz greifenden Saxofons – einen ganz eigenen Sound im klanglichen Spannungsfeld zwischen John Lee Hooker, Jimi Hendrix und Creedence Clearwater Revival.

Vier eigene Charaktere

Diese Herren mittleren Alters in ihren schicken Anzügen lassen einen derart rockigen, mitunter harten, aber exakten Sound nicht sofort vermuten. Was den Abend zum Erlebnis macht: Hier spielen und singen vier ganz eigene Charaktere, die aber perfekt aufeinander abgestimmt sind.

Bandleader Franz Flak weist zwar äußerlich keinerlei Ähnlichkeiten mit quirligen schwarzen Bluesern auf. Aber selbst wenn er es sich an seiner Hackbrett-artigen Steel Guitar im Sitzen bequem macht und dem Instrument Banjo-Klänge entlockt, bleibt dieser stimmgewaltige Sänger quicklebendig.

Thomas Zahn spielt derweil perfekt den alten Rocker, wechselt aber seinen Bass gern auch mal gegen die klassische Gitarre und setzt dann zugleich eigene gesangliche Akzente. Martin Ittner gibt nicht nur exakt den Takt vor, sondern zaubert mit seinen Schlagwerkzeugen eigene einfühlsame Klangwelten.

Gebrochen wird der Rock- und Bluessound durch das an diesem Abend manchmal etwas schwach ausgesteuerte Saxofon von Matthias Wegner. Der sucht sich seinen eigenen Weg mit ruhigen Grundakkorden sowie voraus und hinterher trabenden Paraphrasierungen der Gitarrenklänge. Ab und an nimmt er sich die Freiheit, in die Weiten des Free Jazz ausbrechen, um sich dann wieder in der Harmonie des Leitmotivs einzufinden.

Am Ende dieses aufregenden Abends ist klar: Der Mississippi ist die neue Pegnitz. Diese „Xmass in da Swamps“ war eine freudige Überraschung.

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