Konflikt: Alte Mühle darf keine Kunststoff-Fenster haben

29.6.2019, 16:00 Uhr
Konflikt: Alte Mühle darf keine Kunststoff-Fenster haben

© Thomas Scherer

2014 waren die Tage der letzten noch aktiven Getreidemühle an der Zenn gezählt. Da sich die Nachfolge nicht regeln ließ, beschloss Müllermeister Fred Kräutlein, den Betrieb einzustellen und die Mühle zu Wohnungen umzubauen. Bereits im Vorfeld wollte er sicher gehen, dass sein Bauantrag für die Umnutzung in dem teils denkmalgeschützten Anwesen durchgeht. Noch bevor er den Plan einreichte, fanden im Rahmen von sechs so genannten "Amtstagen" Vorgespräche auf der Mühleninsel statt, um sich mit den Behördenvertretern abzustimmen. Doch jetzt passt es doch nicht.

Ende Mai erreichte die Kräutleins ein Zwangsgeldbescheid über 5500 Euro und die Aufforderung, elf Fenster in drei beim Umbau neu entstandenen Dachgauben auszutauschen. Sie sind — wie alle anderen Fenster auf dem Anwesen — aus Kunststoff. Doch das ist nicht denkmalgerecht, wie die behördlichen Denkmalschützer befanden. Sie präferieren Holz.

Und das wusste Kräutlein auch, sagt heute Markus Sommerhäuser, Leiter der Bau- und Umweltabteilung am Landratsamt. Doch das will Kräutlein so nicht stehenlassen: Das Material sei zwar wiederholt Thema der Ortstermine gewesen, doch Einigkeit sei nicht erzielt worden.

Die Vorgeschichte

Der Zwangsgeldbescheid hat eine längere Vorgeschichte: Kurz nach dem Start des Umbaus, Mitte Dezember 2015, beantragte Kräutlein die "denkmalpflegerische Erlaubnis", Kunststofffenster einzubauen. Die Zeit drängte, der Winter stand vor der Tür. Mehrfach habe er nachgefragt, sei jedoch gebeten worden, sich zu gedulden. Im April erhielt er den Bescheid, der ihm die Erlaubnis versagte. Nur waren die Kunststofffenster zu dem Zeitpunkt bereits eingebaut — schließlich sollte die Baustelle frostsicher werden. Und natürlich, so Kräutlein, "schwang die vage Hoffnung mit, dass ich vielleicht doch noch Recht kriege".

Bereits damals klagte er gegen diese "Versagung", das Verwaltungsgericht erachtete das Material Kunststoff jedoch ebenfalls als nicht denkmalgerecht, worauf Kräutlein die Klage zurückzog. Und die Kunststofffenster an ihrem Platz beließ.

"Ich habe diese Fenster nicht eingebaut, weil ich die Denkmalbehörde ärgern will, sondern weil ich das für die beste Lösung halte und nachhaltig investieren will, also so, dass man lange Zeit nichts mehr machen muss". Holzfenster entsprechen diesen Ansprüchen seiner Meinung nach nicht. Sie müssen alle paar Jahre außen gestrichen werden. Weil sie unterm historischen Dachgebälk teils nicht einmal ganz zu öffnen sind, sei das nur von außen mit Gerüst möglich. Für den unbedarften Betrachter mache es ohnehin keinen Unterschied, ob die Fenster aus Holz oder Kunststoff sind. Aus der Distanz von über sechs Metern ist das nicht erkennbar. Kräutlein beruft sich heute auf die Aussage eines Denkmalschutz-Vertreters, die Gauben dürften "gern auch neuzeitlich gestaltet sein, um einen Dialog zwischen neuer Nutzung und historischem Kontext der Mühle zu schaffen", die in einem Gesprächsprotokoll belegt ist. Nur werde diese Aussage im Nachhinein als nie getroffen dargestellt.

Das Zwangsgeld ist fällig

Zwei Monate nach der Fertigstellung erhielt Kräutlein im Februar 2018 prompt die Aufforderung des Landratsamtes, die Fenster auszutauschen. Auch dagegen zog er vors Verwaltungsgericht – und unterlag. Was folgte, war die Fristsetzung zum Austausch bis 20. Mai 2019. Kräutlein ließ sie verstreichen, erneuerte die strittigen Fenster nicht, jetzt ist das Zwangsgeld fällig und der Austausch nach wie vor Auflage.

Für die heute zuständigen Mitarbeiter am Landratsamt, die den Fall nur aus den Akten ihrer Vorgänger kennen, stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, sprich: der Zumutbarkeit, des Einbaus von Kunststofffenstern gar nicht. Dass die behördliche Auflage "nicht unverhältnismäßig ist, wurde uns bereits auf die Klage gegen die Versagung des Einbaus von Kunstofffenstern gerichtlich bestätigt", sagt Sommerhäuser. Kräutlein habe sich vorsätzlich einer Anordnung widersetzt.

Das antwortete Landrat Matthias Dießl auch auf den offenen Brief, den ihm der Müllermeister a.D. jetzt schrieb. Der unerlaubte Einbau sein ein "nicht hinnehmbarer Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, der zwingend die Anordnung zum Austausch zur Folge haben musste". Auf fachliche Inhalte geht Dießl auch auf Nachfrage nicht ein und verweist an seine Fachleute: Kreisbaumeister Ralph Maidel und Markus Sommerhäuser. Ihnen ist eigenen Angaben zufolge kein Fall in den zurückliegenden 40 Jahren bekannt, in dem Kunststofffenster zugelassen worden seien.

Wie es dann sein könne, dass in 18 von 38 denkmalgeschützten Gebäuden in Langenzenn Kunststofffenster verbaut sind, und selbst in der Woche, als in der Wasenmühle der Zwangsgeldbescheid einging, in einem Gebäude neben dem Rathaus solche eingebaut wurden, ist Kräutlein ein Rätsel. "Wenn ich der einzige wäre, der Kunststofffenster im Denkmal hat, könnt ich‘s verstehen", aber so könne er sich "des Eindrucks der Willkür nicht erwehren".

Lauter Schwarzbauten etwa? Wenn Kunststofffenster geduldet bleiben, dann sei das darauf zurückzuführen, dass in diesen Fällen nicht nachvollziehbar ist, wann und unter welchen Umständen sie ins Gebäude kamen, sagen Sommerhäuser und Dießl dazu.

Erneutes Gespräch

Der Landrat riet Kräutlein, erneut das Gespräch mit der Kreisbehörde zu suchen, was der jetzt auch getan hat. Das Ergebnis: Man will sich erneut zu einem Termin vor Ort treffen. "Grundsätzlich", so Kreisbaumeister Maidel, "sind wir immer an einvernehmlichen Lösungen interessiert." Eine neuerliche Variante mit Holzverblendungen, die Kräutlein vorschlug, müsse man sich vor Ort ansehen.

Das Zwangsgeld allerdings wird fällig. Dass es seine Einsichtsfähigkeit steigert, kann Kräutlein nicht behaupten. "So eine Überweisung unterschreibe ich freiwillig sicher nicht, da müssen sie mir dann schon den Gerichtsvollzieher vorbeischicken."

 

Dass es auch anders geht, zeigt Fred Kräutlein ein Fall in Fürth, über den die Fürther Nachrichten im Oktober 2015 berichteten, also fast zeitgleich mit dem Beginn von Kräutleins Bauprojekt in der Wasenmühle. Damals sagte Oberbürgermeister Thomas Jung in der Denkmalstadt Fürth einem Hausbesitzer zu, bei der sukzessiven Renovierung der Wohnungen in seinem fünfstöckigen Sandsteingebäude an der Nürnberger Straße entgegen gängiger Praxis alle Fenster wie bereits teilweise geschehen in Kunststoff einbauen zu können. Dabei hatten die Denkmalschützer, in diesem Fall die der Stadt Fürth, den Eigentümer zuvor noch aufgefordert, bei allen Fenstern auf Holzrahmen umzusteigen. Damit hätten auch die bereits einige Jahre zuvor in den oberen Stockwerken eingebauten Kunststofffenster ausgetauscht werden sollen. Hintergrund des Rückziehers der Stadt war ein Beschluss des Stadtrates aus dem Jahr 1996. Demnach sollten bei der Sanierung denkmalgeschützter Häuser Kunststoffenster erlaubt sind, soweit sie zum Gebäude passen. 2009 wurde dieser Beschluss allerdings wieder gekippt.

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