Kreisverkehr: Spielwiese für Verkehrsplaner

10.9.2014, 21:00 Uhr
Kreisverkehr: Spielwiese für Verkehrsplaner

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

Wahre Wechselbäder erleben Autofahrer im kleinen Genzverkehr. Während sie in Fürther Landkreis häufig liebevoll gestaltete Schmuckstücke des lokalen Selbstbewusstseins umrunden, werden sie diesseits der Stadtgrenze eher nüchtern dirigiert. Hier dominiert die Funktion meist eindeutig über das Design. Dabei ist Hans-Joachim Gleißner, der Leiter des Straßenverkehrsamtes, ein erklärter Fan von Kreiseln.

Das Aha-Erlebnis hatte er 1995 auf Fuerteventura. Hier erkannte Gleißner, dass Kreisverkehre funktionieren – trotz ortsfremder Touristen. Inzwischen steht fest: die einst als Allheilmittel sämtlicher Verkehrsprobleme angesehene Ampel stößt an ihre Leistungsgrenzen. Davon zeugen etwa die vielen Karambolagen auf der mit lichtstarken Ampeln reich bestückten Poppenreuther Brücke. Der viel ältere Kreisverkehr erlebt eine Renaissance. Verkehrsströme werden nicht mehr stur ausgebremst, sondern können weiter fließen.

Kreisverkehr: Spielwiese für Verkehrsplaner

© Michael Müller

Spät ist Fürth auf den Kreisel-Zug aufgesprungen. Der kommunale Ehrgeiz in der Gestaltungsfrage hält sich in Grenzen. Lediglich in der Kalbsiedlung wollte man ein Zeichen setzen und bepflanzte den länglichen Kreisverkehr Fronmüllerstraße mit Palmen und Zypressen. Ein grimmig langer Winter verdarb den Palmen die Lebenslust im Fürther Süden. Vandalismus besorgte den Rest. Inzwischen beherrscht eine etwas robustere Sparversion der Mittelmeerszene das Straßenbild.

Fragt man die Fachleute vom städtischen Grünflächenamt nach der idealen Kreiselbepflanzung, ist Euphorie Fehlanzeige. „Am liebsten ganz schlicht mit ein, zwei Bäumen“, wünscht sich Grünflächenplaner Wolfram Hirt den Kreisel. Zur pflegeleichten Variante tendiert auch Birgit Auerswald, zuständig für den Unterhalt. Das beste wäre eine durchgehend gepflasterte Fläche. Auerswald: „Grünflächen bedeuten immer einen Pflegeaufwand. Neue können wir eigentlich nur noch mit zusätzlichem Personal bewältigen.“ Zur Haushaltskonsolidierung hat das Grünflächenamt etliche Stellen eingebüßt.

Kreisverkehr: Spielwiese für Verkehrsplaner

© Mark Johnston

Das wird am sogenannten „Straßenbegleitgrün“ deutlich, wo inzwischen anspruchslose, aber dennoch nicht unansehnliche Gewächse wie die Steppenstaudenmischung „Silbersommer“ vorherrschen – etwa an der Jakobinenstraße. „Die braucht nicht bewässert zu werden“, sagt Auerswald. Die Pflege mitten im Verkehrsgewühl ist ohnehin schwierig genug. Hier sind kleine Landkreis-Gemeinden im Vorteil, die nicht so viele Kreisel betreuen müssen und zudem weniger Verkehrsbelastung haben.

An Spielplätzen und im Stadtpark will das Grünflächenamt den Rotstift nicht ansetzen. So bleibt nur das Grün am Straßenrand. Als „Tropfen auf den heißen Stein“ bezeichnet Auerswald die jetzt befristet auf drei Jahre zusätzlich genehmigte Stelle.

Was dem Bewuchs in unseren Breiten das Leben zusätzlich schwer macht, ist Streusalz im Winter. Bodendecker können daher nicht bis an den Kreiselrand gepflanzt werden.

Kreisverkehr: Spielwiese für Verkehrsplaner

© Mark Johnston

Doch trotz aller Widrigkeiten und Sparzwänge hat Fürth noch Überraschungen zu bieten. An der Bernbacher Straße in Burgfarrnbach zieht seit Ende Juni eine überdimensionale Spielzeug-Baustelle die Blicke auf sich. Für das vom New Yorker Bildhauer Lorenzo Quinn, fünfter Sohn des Schauspielers Anthony Quinn, gestaltete Werk hat der Burgfarrnbacher Spielzeughersteller Bruder 350 000 Euro aufgewendet und sich selbst ein Denkmal gesetzt.

„Einzigartig“ findet das Gleißner. Ein Beispiel, das Schule machen könnte, denn die Kommune betrachtet die Kreisel eher pragmatisch, denn als als Prestigeobjekte. Deshalb lässt sie die zur Sanierung der Ronhofer Brücke eingerichteten Kreisverkehre an der Seeackerestraße auch weiter eingerichtet, obwohl sie alles andere als Schmuckstücke sind.

Plätze für weitere Kreisel hat der Leiter des Straßenverkehrsamts schon im Blick. Am liebsten wäre ihm ein langgezogener Rundkurs auf der Poppenreuther Brücke. Wegen des in Stoßzeiten hohen Verkehrsaufkommens reicht nach Gleißners Einschätzung hier jedoch eine einspurige Variante nicht aus. Zwei Streifen wären nötig. Dass auch dies funktionieren kann, zeigt der neue Kreisel bei Möbel Höffner in Steinach.

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