Kunst im Biergarten

7.8.2009, 00:00 Uhr
Kunst im Biergarten

© Scherer

In der zehnten Biergarten-Saison weitet die Lehrstuhl-Inhaberin an Nürnbergs Akademie der Bildenden Künste und Teilzeit-Wirtin das Konzept als Forum für Gebrauchskunst aus - auf Bildende Kunst. Für ihren Sohn Guido Mayer hat sie das Wohnzimmer in dem rustikalen Sandsteinhaus am Marktplatz leergeräumt, um den zweiten Teil des Namens «Koch-Galerie» etwas intensiver auszufüllen.

So ist bis Mitte September «Impressionismus in moderner Ausprägung», als die der Kunst-Akademie-Absolvent seine scheinbar spontan dahingeworfenen Ölmalereien charakterisiert, zu sehen: ausdrucksstarke, farbintensive und flächige Kompositionen, die von einem großzügigen Umgang mit Sujet und Technik gleichermaßen zeugen. Eine spanische Straßenflucht, in der ein Auto in direkt aus der Tube aufgebrachter Ölpaste fast erstickt, symbolisiert die bleierne Stagnation in südländischer Hitze. Ein Schiff auf offener See schwankt gefährlich auf einem farblich völlig verfremdeten Meer. So changieren die Werke des 28-Jährigen spannungsvoll zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion.

Seit einigen Monaten ist Guido Mayer mit einer Galerie im «Second Life», einer digitalen Online-Welt im Internet, präsent. Die Parallelwelt ist für ihn ein «Tor zur Welt - so erreiche ich Menschen in den verschiedensten Länder, die sich in ihrem virtuellen Leben mit meinen Werken umgeben können.» Im echten Leben in der guten Stube der Familie Mayer von Cadolzburg ist Mama Ulla Mayer kurz nach der Vernissage derart entzückt von der Galerie im eigenen Wohnhaus, dass sie schon überlegt, das Zimmer fest als Kunstraum zu etablieren. Ihr Büro hat sie auf einen schmalen Streifen Fläche an der Fensterwand zusammengezurrt. «Das reicht mir. Und es ist so wohltuend, so einen Raum im Haus zu haben.»

Allerdings wäre es langfristig sicher keiner für Bildende Kunst - da macht sie für den Sohn eine Ausnahme - sondern eher für ihr eigentliches Metier. Und das ist die Gebrauchskunst, die in der von ihr betreuten Gold- und Silberschmiedeklasse an der Nürnberger Kunstakademie entsteht - experimenteller Schmuck und insbesondere Gerätschaften vom Tafelgeschirr bis hin zu völlig zweckfreien Objekten.

Elegant und funktionell

Arbeiten von jeweils zwei ausgewählten Schülern ihrer Klasse präsentiert sie Saison für Saison im hohen Fenster zur Küche. Derzeit ist es eine Pfeffermühle Christoph Klements, die das Salzfass mit Magneten an sich bindet, und ein Salatbesteck aus Ahornholz von Volker Krischker. Arbeiten, die die originelle Idee mit schlichter Eleganz und Funktionalität verbinden. Mit solchen Objekten oder auch mit dem Schmuck ihrer Schüler, wie den ledernen Broschen und Ketten von Anna Lang, die die Jury beim diesjährigen NN-Kunstpreis mit einem Anerkennungspreis bedachte, wäre die Galerie auch langfristig bespielbar, sinniert Ulla Mayer.

Und Galerie und Garten würden sich bestens ergänzen, etwa als Fluchtpunkt, wenn das wankelmütige fränkische Wetter wieder einen Schauer über den Garten jagt, «das ist echt geschäftsschädigend». Zu gern kommt die Professorin selbst mit den Menschen unter den Sonnenschirmen im weinumrankten Garten ins Gespräch. Die Burg lockt Publikum aus ganz Deutschland. So mancher bleibt bei ihr auf eine Pause hängen. Andererseits gucken viele neugierig über die Schulter - und gehen doch vorbei. Das Burggärtla strahlt einen sehr privaten Charakter aus. Gerade so, als hätte Ulla Mayer für ein Familienfest gedeckt.

Kühles aus dem Felsenkeller

Dabei empfängt die Teilzeit-Wirtin jedermann mit unaufgesetzter Herzlichkeit und umgibt die Menschen unaufdringlich mit den schönen Dingen, die in ihrem Metier entstehen. Mit dem großformatigen Edelstahl-Wok - designt by Ulla Mayer, oder dem Biertisch-Grill, einer Arbeit ihrer Schülerin Isabelle Enders: Bei einer Breite von sieben Zentimetern misst er exakt die Länge eines Biertisches, sodass die daran Sitzenden ihre Bratwurst im Auge behalten können, wenn sie bruzzelt. Auf Vorbestellung werden die Grills angeschürt. Ulla Mayer hat ihr Biergarten-Konzept umgestellt. Die Besucher können ihren Picknickkorb mitbringen. Geschirr hält Ulla Mayer vor, kühle Getränke aus dem Felsenkeller werden durchs Küchenfenster gereicht.

Und bei aller Intention, die Kunst unter die Menschen zu bringen, freut sich die Professorin, die derzeit mit ihren Schülern ein Fach-Symposium zum Thema Essen vorbereitet, ehrlich, wenn ihr, wie dieser Tage geschehen, jemand sagt, dass ihr Zwiebelkuchen der beste sei, den er je gegessen habe. Dass die Koch-Galerie als Forum für angewandte Kunst auch Raum für die Kontakte schuf, die ihrer Klasse regelmäßige Präsenz auf zwei renommierten internationalen Fachmessen in München sicherten, erwähnt sie eher beiläufig.

Zu sehen sind Guido Mayers «Top eight» zu den Öffnungszeiten der Koch-Galerie immer sonntags von 11 bis 22 Uhr und auf Anfrage unter Telefon (01 71) 1 74 16 40 bei Ulla Mayer. Unter dieser Nummer kann das Burggärtla samt metallenen Gerätschaften auch reserviert werden.