Laubendorf: Tierkomfort, Kuhflüsterer und Kinderbesuch am Hof

28.1.2015, 13:00 Uhr
Laubendorf: Tierkomfort, Kuhflüsterer und Kinderbesuch am Hof

© Foto: Edgar Pfrogner

In Berlin lautete das Motto der Protestzüge „Wir haben es satt“. Kreisbäuerin Bettina Hechtel und BBV-Kreisobmann Siegfried Tiefel halten mit dem Slogan „Wir machen Sie satt“ dagegen. Und dass das unter Bedingungen geschieht, die dem Wohl der Tiere verpflichtet sind, wollen sie auf dem Hof der Familie Schlager/Brunnhübner in Laubendorf verdeutlichen. „Der verantwortungsbewusste Umgang“, unterstreicht Jungbäuerin Anja Brunnhübner, „liegt in unserem ureigenstem Interesse. Geht’s unseren Tieren gut, geht’s uns auch gut.“ Nur dann sind die Rinder in der Lage, die Leistung zu bringen, die drei Generationen in der Familie die Existenz sichert.

Bis zu 140 Kühe und die weibliche Nachzucht leben auf dem Schlager-Brunnhübnerschen Hof, womit er zu dem Dutzend Betriebe mit über 60 Kühen im Landkreis zählt. Das Gros der etwa 200 Milchviehhöfe, die die amtliche Statistik auflistet, liegt unter dieser Marke. „Doch wer weiter auf die Landwirtschaft setzt, baut heute einen Laufstall für mindestens 80 Kühe“, erklärt Tiefel. Ärgerlich findet er es, werden diejenigen, die ihre Tiere noch angebunden hielten, angeprangert. „Das war vor 20 Jahren übliche Praxis.“ Betriebe, die daran festhielten, seien in der Regel zu klein oder stünden ohne Nachfolger da. „Und denen sollte man schon zugestehen, ihren Hof auf gutem Standard auslaufen zu lassen“, meint er.

In dem Laubendorfer Laufstall können sich die Kühe frei bewegen. Er ging 2010 an den Start. Mit 1600 Quadratmetern Fläche ist er größer als die komplette aufgelassene Hofstelle in der Dorfmitte. Doch die platzte aus allen Nähten. „Arbeitsqualität und Kuhkomfort entsprachen nicht mehr dem, was wir uns vorstellten“, erinnert sich Anja Brunnhübner. Wachsen oder weichen, war die Frage. Die Entscheidung fiel für den Neubau am Ortsrand. 850 000 Euro investierten sie, um weiter von der Landwirtschaft leben zu können.

Ob der Viehbestand das langfristig hergibt, ist für Anni Schlager fraglich. „Die Geiz-ist-geil-Mentalität setzt uns massiv unter Druck“, beklagt sie mit ihrem Mann Hans Schlager die mangelnde Wertschätzung für die Produkte der Landwirtschaft. „Würde sich der Ein-Cent-Anteil, den ein Bauer letztlich vom Verkaufspreis eines Brötchens abbekommt, nur minimal erhöhen“, rechnet Tiefel vor, „würde sich die komplette Energieschiene über Biogas-Anlagen erledigen.“

Nur der Kritik, etwa dem Biomasse-Kraftwerk der infra Fürth, die in großem Stil bei Cadolzburg Mais, teils auch Getreide vergärt, zuzuliefern, müssen sich die Schlagers mit den jungen Brunnhübners nicht stellen, sie bestücken keine Biogasanlage, schlicht deshalb, weil sie ihre 75 Hektar Fläche fürs Futter der Tiere brauchen. Und die können im Laufstall fressen, wann sie wollen. Gelassene Ruhe bestimmt die lange Halle. Wiederkäuend liegen die Kühe in mit einem Stroh-Kalk-Gemisch gepolsterten Liegebuchten oder zupfen am Fressgitter in der Silage. Wenn das Euter zwickt, geht es zu einem der zwei Melkroboter. Vorgegebene Melkzeiten erspart die moderne Technik den Tieren.

Zum Abkalben kommen die werdenden Mütter in einen Extra-Stall auf Stroh. Der Nachwuchs lebt in kleiner Herde in Minigehegen mit Iglu-Unterstand im Freien. Die altersgetrennte Haltung verhindert Rangeleien und ist eine Krankheitsbarriere, erläutert BBV-Geschäftsführer Helmut Wolf aus Nürnberg. Sollte dennoch Antibiotika-Einsatz nötig werden, hält der BBV Kritikern entgegen, dass der in jedem Fall von einem Tierarzt verordnet werden muss, lückenlos zu dokumentieren ist und Wartezeiten einzuhalten sind, so dass keine Arznei-Rückstände in die Lebensmittelkette gelangen.

Harald Brunnhübner kennt jede Kuh beim Namen, der computergesteuerten Technik rund um den Melkroboter würden Nummern genügen. Die Stallanlage ist kameraüberwacht, bei Unregelmäßigkeiten schlägt der Melkroboter Alarm. „Die Technik bedeutet für uns mehr Lebensqualität“, sagt Anja Brunnhübner. Zu viert sind sie zwei Mal am Tag eine Stunde mit der eigentlichen Stallarbeit beschäftigt. Jeder hat seine Aufgabe, die Damen beispielsweise reinigen die Liegeboxen und Melkanlage. Kühe, die gerade gekalbt haben, dirigieren sie zum Roboter. Von einem „Kuhflüsterer“, der zu einer Fortbildung am Hof war, lernte Anni Schlager, wie hilfreich Augenkontakt mit dem Rind ist. Das und ein „hopp, hopp“ oder ein Klatsch auf die Flanke reichen, „wir brauchen keinen Stock, um unsere Kühe zu treiben“, sagt sie.

Willkommene Gäste

Um halb fünf abends ist Feierabend. Dann ist Zeit für die Familie, die Mädels am Hof sind fünf, acht und zehn Jahre alt. Kinder sind ohnehin willkommen. Als qualifizierte Erlebnisbäuerin zeigt Anja Brunnhübner Grundschülern und Kindergartenkindern, wie Landwirtschaft funktioniert. „Aufklärung ist notwendig“, findet sie. Und berichtet von jungen Besuchern, die die Ohrmarken der Rinder im Ohr als Preisschilder deuteten oder von den vielen Schweinen überrascht waren, dabei gibt es auf dem Hof ausschließlich Kühe.

Umso mehr freut es sie, wenn die Kinder, sobald die Scheu überwunden ist, am Futtertisch sitzen und die Tiere füttern oder Kälber mit der Flasche tränken. Und darüber, wenn junge Mütter, die ihre Kinder von den Geburtstagsfeiern, die die junge Bäuerin anbietet, abholen, sich wundern, dass es die Matschhose vielleicht gar nicht gebraucht hätte. Weil es so dreckig ja gar nicht ist am Bauernhof.

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