Lockdown: Immer mehr suchen Hilfe bei der Schuldnerberatung

3.2.2021, 11:00 Uhr
Lockdown: Immer mehr suchen Hilfe bei der Schuldnerberatung

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Es gibt unterschiedlichste Ursachen, die zur Überschuldung führen können, wie Arbeitslosigkeit, Scheidung und Trennung, eine gescheiterte Selbständigkeit oder Immobilienfinanzierung. In Corona-Zeiten geht das noch schneller als sonst. War die Lage 2020 noch relativ stabil, reicht jetzt im zweiten Lockdown bei immer mehr Menschen in Fürth das monatliche Einkommen nicht mehr aus. "Es dauert, bis die Not ankommt", sagt Ursula Weser, Leiterin der Schuldnerberatung der Diakonie.


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Betroffene können Kosten für Miete, Strom, Essen und Trinken sowie fällige Raten und Rechnungen nicht mehr bezahlen. In den letzten Wochen hat der Bedarf an Beratung deutlich zugenommen, vor allem bei Soloselbstständigen.

Sie versuchen meist lange verzweifelt, die Katastrophe mit allen Mitteln zu verhindern, und brauchen ihre angesparten Reserven auf. Mit der Folge, dass sie am Ende ohne Geld und Geschäft, aber mit hohen Schulden dastehen und Insolvenz anmelden müssen. Andere gehen zum Glück "perspektivisch" vor. Sie kommen gleich, wenn sie spüren, dass es eng werden könnte. "Dann können wir helfen, Wege aus der Krise aufzeigen", sagt Weser.

Aber auch Arbeitnehmer – oft in prekären und schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen – brauchen zunehmend die Unterstützung der Experten. Sie verlieren durch coronabedingte Geschäftsschließungen und Personaleinsparungen ihren Job. Oder sie geraten in Schwierigkeiten, weil sie in Kurzarbeit geschickt werden und das Geld vorne und hinten nicht mehr reicht, noch dazu wenn eine Familie ernährt werden muss.

Der erste Schritt ist es dann, Klarheit zu schaffen. Wichtige Weichen werden oft schon im ersten Telefongespräch gestellt. So wird geklärt, ob zusätzliche Sozialleistungen wie Hilfen vom Jobcenter, Hartz IV, Kinderzuschläge beim Kurzarbeitergeld oder Wohngeld in Anspruch genommen werden können.

Sicherung des Existenzminimums

Wenn Pfändungen anstehen, wird ein Pfändungsschutzkonto eingerichtet. Es dient der Sicherung des Existenzminimums und bietet einen Freibetrag von monatlich 1178,59 Euro. Dieser kann bei Familien mit Kindern erhöht werden. So ist gewährleistet, dass nicht plötzlich das ganze Konto leergeräumt ist, sondern genügend Geld für den Lebensunterhalt bleibt.

Die Betroffenen bekommen bei der Schuldnerberatung auch Haushaltspläne, mit deren Hilfe man sich einen guten Überblick über Einnahmen und Ausgaben verschaffen kann – und darüber, wo sich vielleicht etwas einsparen lässt. Sie sind in 12 Sprachen verfügbar.


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Wie man die Schulden in den Griff bekommen kann, hängt immer vom Einzelfall ab. So lassen sich oft mit den Gläubigern Regelungen für einen Aufschub oder kleinere Teilzahlungen aushandeln. Manchen Klienten helfen bereits einige Informationen, mit denen sie ihre Situation selbst regeln können. Für andere ist eine längerfristige Unterstützung ein Lichtblick. Der Gedanke an einen Neuanfang kann ein großer Motivationsschub sein.

"Man sollte nicht warten"

Doch viele empfinden in Zeiten des Lockdowns, schleppender Impfungen und neuer Virusmutationen ein Gefühl der Ausweglosigkeit. "Das nimmt den Leuten die Hoffnung!"

Wesers Prognose: Der Zulauf zur Insolvenz- und Schulderberatung wird weiter zunehmen. Wesentlich dazu beitragen könnte, dass eine Übergangsregelung, die eine vorübergehende Aussetzung von Kreditzahlungen möglich gemacht hatte, am 30. Juni 2020 ausgelaufen ist. Die Rückstände müssen bis zum 30. Juni 2021 begleichen werden. "Ich glaube nicht, dass alle das schaffen werden."

Wesers dringender Rat: "Man sollte nicht warten, bis sich die Schulden auftürmen, sondern so früh wie möglich Hilfe suchen. Dann sind die Möglichkeiten besser, die Katastrophe vielleicht doch noch abzuwenden oder wenigstens abzumildern."

Auch persönliche Gespräche sind möglich

Verbraucher und Kleinselbständige (bis zu zehn Arbeitnehmer) können sich unter den Rufnummern (0911) 749 33-19/20/27 sowie unter schulden@diakonie-fuerth.de bei der Diakonie in der Königswarterstraße 56-60 melden. Telefonische Sprechstunden gibt es dienstags und donnerstags, 13 bis 15 Uhr, und mittwochs, 10 bis 12 sowie 13 bis 16 Uhr.

Wegen Corona sind die Diakonie-Mitarbeiter angehalten, Kontakte zu reduzieren. In schwierigen Fällen sind aber auch persönliche Beratungsgespräche möglich – natürlich unter Einhaltung der Hygieneauflagen.

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