Harsche Kritik

Luftfilter: Zirndorfs Bürgermeister beklagt "unfaires Prozedere"

20.9.2021, 16:00 Uhr
Luftfilter: Zirndorfs Bürgermeister beklagt

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Das Thema ist für Bürgermeister Thomas Zwingel ein „ganz spezielles“ Und es geht ihm "gehörig die Nase hoch", wie er sagt: Mitte Juli haben Markus Söder, Michael Piazolo & Co. "vollmundig" versprochen, dass alle Klassenzimmer mit Luftfiltergeräten ausgestattet werden. Doch die kommunalen Spitzenverbände seien im Vorfeld nicht mit einbezogen worden.

Trotzdem hätten die Kommunen als Sachaufwandsträger der Schulen jetzt den Schwarzen Peter: Das Förderprogramm, mit dem das Versprechen mittlerweile hinterlegt ist, gesteht den Kommunen einen Zuschuss von 1700 Euro je Klassenzimmer zu, ein Gerät ist aber nicht für unter 3000 Euro zu haben, in großen Räumen wären womöglich zwei Geräte nötig; nicht berücksichtigt seien bei der freistaatlichen Förderung Folgekosten für Wartung und Betrieb.


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Auf all diesen Restkosten blieben die Kommunen sitzen. Zwingel fand in der jüngsten Stadtratssitzung dafür markige Worte: "Mir stinkt der Umgang mit den Kommunen, das war ein unfaires Prozedere. Es wird über unsere Köpfe hinweg entschieden, und wir sollen es ausbaden." Ein Konflikt, der auf Kosten der Kinder gehe. "Den haben aber nicht wir ausgelöst", verwies er auf ministerielle Wortführer. "Das ist eine Sauerei."

Lüften wird nicht überflüssig

Ganz abgesehen davon, dass die Geräte, die die Luft lediglich umwälzten, das Lüften im Unterricht nicht komplett ersetzen könnten und der erhoffte Effekt fraglich sei. Aber sie würden die erforderlichen Lüftungsintervalle zumindest erheblich ausdünnen, wie Volker Berdich (Linke), selbst Grundschullehrer, einwarf. "Mit Luftfilter", sagte er, "läuft der Unterricht deutlich ungestörter ab", andernfalls müsste alle 20 Minuten für die Dauer von fünf Minuten gelüftet werden. Außerdem habe Piazolo im Vorfeld des Schuljahresbeginns die Luftfilter als Voraussetzung dafür genannt, dass im Fall einer Infektion eines Schülers nicht die ganze Klasse, sondern nur Mitschüler, die sich längere Zeit in direkter Nähe aufhielten, in Quarantäne müssen.


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Mit den Freien Wählern hatte Berdich einen Dringlichkeitsantrag gestellt, sodass das Thema jetzt kurzfristig auf die Tagesordnung der ersten Stadtratssitzung nach der Sommerpause landete. Ihre Forderung: Alle Unterrichtsräume in den Grundschulen und an der Mittelschule sollen mit Luftreinigungsgeräten ausgestattet werden.

"Wir sind uns darüber im Klaren, dass Luftfilter Corona nicht eliminieren. Aber sie sind ein Teil der Maßnahmen, mit denen wir die Kinder schützen können. Deshalb sollten wir das Geld auch in die Hand nehmen", sagte FW-Fraktionschef Ralf Schmidt. Zudem hat das Rathaus Anfang August ein Schreiben der Schulleitungen der Grundschulen und der Mittelschule Zirndorf erreicht, in der sie sich mehrheitlich für die Anschaffung von Luftreinigungsgeräten aussprachen.

Ausschreibung mit Lieferfrist

Die Anlagen sollen nun auch kommen – und das möglichst zeitnah, allerdings nicht für alle. Vor dem Hintergrund, dass die ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts mittlerweile auch die Impfung für Kinder im Alter ab zwölf Jahren empfiehlt, verständigte sich der Stadtrat zunächst auf den Vorschlag Zwingels, die Geräte für Klassenzimmer der ersten bis sechsten Jahrgangsstufen anzuschaffen.

Das wären 56 Klassenzimmer in den Grundschulen und sieben in der Mittelschule. Kostenpunkt: Etwa 250 000 Euro, gefördert mit 110 250 Euro. Die Folgekosten pro Jahr taxiert das Bauamt auf 19 000 bis 22 000 Euro im Jahr.


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Nach einer kurzen Sitzungspause beschloss der Stadtrat, der Anregung von CSU-Fraktionschef Udo Nürnberger zu folgen und die Geräte vorerst nur auf ein Jahr zu mieten. "So können wir nach einem Dreivierteljahr ein Resümee ziehen, und dann wissen wir auch, ob es das Pandemiegeschehen überhaupt noch erfordert, solche Geräte dauerhaft einzusetzen", meinte Ralf Schmidt.

Sollte sich abzeichnen, dass Mietgeräte nicht bis Ende des Jahres zu haben sind, ist Plan B genehmigt: Dann soll die Verwaltung den Kauf ausschreiben, allerdings ebenfalls mit der Auflage, zeitnah zu liefern. Ob das, egal in welcher Variante, so schnell zu realisieren ist, das wollte Bauamtschef Gerhard Klein nicht versprechen. "Eine kurzfristige Beschaffung scheint aufgrund der Marktbeobachtung nicht realistisch", hieß es in der Vorlage der Verwaltung.

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