Marathon als Frischzellenkur

29.7.2015, 13:08 Uhr
Marathon als Frischzellenkur

© Foto: Michael Fischer

Als Fußballnarr will sich Albert Goos nicht bezeichnen. Für den Vorstand eines Klubs, dessen erste Mannschaft gerade erst in die Kreisliga aufgestiegen ist, mag eine solche Äußerung zunächst merkwürdig erscheinen. Doch der 52-Jährige hat gewichtige Gründe, nicht mehr so verrückt nach dem runden Leder zu sein.

Zum einen ist da der Sport selbst, die Entwicklungen in ihm: „Früher war es oft Spaß, zuletzt wurde ich sogar bei den Alten Herren umgegrätscht“, sagt Goos. „So bin ich dann allmählich zum Laufen gekommen, was für mich mittlerweile wie eine Sucht ist.“ Zum anderen ist da aber auch ein einschneidendes Erlebnis. Albert Goos erinnert sich noch genau an den Tag, selbst das genaue Datum hat er sich gemerkt. „Es war am 30. August letzten Jahres. Ich hatte mir kurz vorher eine kleine Hütte im Wald gekauft“, erzählt er. Und plötzlich ist da ein kurzer Schmerz, „mich hat etwas gestochen“, habe er zu seiner Frau gesagt.

Das Martyrium beginnt. Wenig später im Urlaub verausgabt er sich, starke Kopfschmerzen folgen. Albert Goos fühlt sich lustlos, antriebslos, immer wieder schwankt sein Zustand. Zunächst diagnostizieren die Ärzte Pfeiffersches Drüsenfieber, „es wurde aber nie besser. Ich hatte permanent 40 Grad Fieber“.

Der SVB-Vorstand erzählt all das detailliert, spricht laut und mit klarer Stimme. Wüsste man nichts über die Vorgeschichte, man würde seinen Worten vielleicht keinen Glauben schenken, so positiv gibt er sich heute. Erst eine Analyse des Rückenmarks brachte die Erkenntnis: FSME, Hirnhautentzündung. „Ich war echt schon zu Dreiviertel beim lieben Gott, es stand Spitz auf Knopf“, erzählt Goos. Eine sehr harte Zeit sei das gewesen, vor allem für die Familie und die Freunde. Gott war es auch, der ihm die Kraft gegeben habe, all das durchzustehen, so der 52-Jährige. „Ich bin ein gläubiger Mensch und gehe gerne in die Kirche, um mir etwas Stütze zu holen.“

Familie als Stütze

Eine Stütze ist in dieser Zeit aber auch seine Familie – und seine gute sportliche Verfassung. Das Gesamtpaket hilft schließlich, diese „Höllenqualen für alle durchzustehen“. Im Januar läuft dann der Fernseher daheim, die Frankenschau im Bayerischen Rundfunk. Für den Challenge Roth sucht der TV-Sender Sportler für eine Triathlon-Staffel. Das kommt Albert Goos nur zu gelegen: „Meine Frau dachte nur, ich spinne wieder. Aber ich habe mich dann einfach mal beworben.“ Ein paar Wochen später blinkt das Telefon, Goos, der mittlerweile „keine Ausfallerscheinungen mehr“ hat, ruft zurück – und ist dabei.

Es folgen unzählige Drehtage – „fünf Stunden für zwei Minuten Sendung – und am 12. Juli ist es dann so weit. Der Tag ist gekommen, Albert Goos mit seinem Wohnmobil auch. Während BR-Moderatorin Ulla Küffner im Kanal schwimmt, heißt es warten. Stundenlang. „Es war schon sehr spät, erst um 15.30 Uhr loszulaufen, da hat es oft gekribbelt bis dahin“, erzählt Goos. Letztlich kommt er nach vier Stunden und 15 Minuten „ganz entspannt und mit meiner zweitbesten Zeit“ ins Ziel. All die Strapazen, all die Erinnerung an die Krankheit? Wie weggeblasen, Albert Goos ist zurück im Leben. Mit jedem Wort, das er spricht, merkt man ihm die Freude an.

Aber: Seine Zeit beim SVB sei allmählich vorbei, sagt er schließlich, auf die Frage nach seinen zukünftigen Zielen. In einem Jahr will er raus sein und das Zepter an „junge Leute mit einem gewissen IQ“ übergeben haben. Ein schwerer Schritt, aber nicht ohne Hintergedanken, wie er bildhaft beschreibt: „Der Verein war lange in höchster Seenot, ist aber inzwischen in ruhigem Fahrwasser angekommen. Jetzt ist es an der Zeit, sich weiterzuentwickeln.“

Der Steuermann wird von Bord gehen, 530 Passagiere stechen weiter in See. Doch neben seinen zwei Kindern zuhause wird ihm auch ein drittes bleiben: die Turnhalle neben dem Sportplatz. So etwas, sagt Albert Goos zum Abschied, „würde man heute nicht mehr machen“.

Keine Kommentare