Marcus Baritsch kehrt den Freien den Rücken

22.10.2020, 18:13 Uhr
Marcus Baritsch kehrt den Freien den Rücken

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Und das nach gut zwölf Jahren Stadtratstätigkeit unter der Flagge der Freien, für die er sogar zwei Mal als Bürgermeister kandidierte. Sein Rückzug kostet die Freien den Fraktionsstatus, allerdings steuern sie bereits gegen.

Bürgermeister Thomas Zwingel hat schon die Nachricht von Fraktionssprecher Ralf Schmidt erhalten, dass die zwei verbleibenden FW- Stadträte – Schmidt und Elke Eder – mit Volker Berdich, Einzelstadtrat der Linken, eine Fraktionsgemeinschaft bilden, womit sie sich ihre eigenen und auch die Ausschuss-Sitze von Marcus Baritsch bewahren. Schmidt bestätigt, dass Elke Eder und er sich mit Berdich zusammentun wollen, "damit wir den Fraktionsstatus behalten".

Baritsch selbst will "aktiver und engagierter Stadtrat" bleiben, wie er in einer E-Mail "in eigener Sache" an seine FW-Kollegen erklärt. Sie zieht derzeit weite Kreise, wie Ralf Schmidt beobachtet. Ohne einen Namen zu nennen, spricht er davon, dass jemand offenbar den Rückzug von Baritsch und dessen Mail dazu nutze, "um gegen uns verbliebene zwei Stadträte gezielt Stimmung zu machen". Dass die Mail dafür tatsächlich taugen könnte, liegt an der Begründung, die Baritsch für seinen Austritt anführt: Es seien "allein persönliche Schwierigkeiten mit den beiden Fraktionskollegen".

Die Gruppe der FW und deren Unterstützer seien nach der Wahl überhaupt nicht mehr informiert worden und bei den "Koalitionsverhandlungen", an denen er nicht beteiligt gewesen sei, seien "keinerlei Zugeständnisse" erreicht worden. Außerdem missfalle ihm, wie die Fraktion mit den städtischen Mitarbeitern umgehe.

Bei letzterem kann Schmidt nur mutmaßen, was Baritsch meint, und münzt den Vorwurf auf sich: Er sei nicht der Typ, der Probleme auf sich beruhen lasse, wenn er davon Kenntnis erhalte, "das mag Baritsch anders handhaben". Tatsächlich ging es Baritsch unter anderem um einen E-Mail-Verkehr mit leitenden Angestellten im Rathaus, dessen Ton ihm "zu ruppig war". Er habe sich bei den Betroffenen persönlich entschuldigt. Dem ungeachtet zeigt sich Schmidt überrascht vom Schritt seines Ex-Parteikollegen (dem FW-Ortsverband hat Baritsch bereits im Juni den Rücken gekehrt) – auch wenn es in den vergangenen zwei, drei Jahren durchaus unterschiedliche Meinungen in der Fraktion gegeben habe, so Schmidt.

Uneinigkeit in der Fraktion

Das ist eher noch untertrieben. In der zurückliegenden Amtsperiode, als sich SPD und CSU noch im Patt gegenüberstanden, fungierten die Freien ähnlich wie die Grünen in strittigen Fragen als Zünglein an der Waage. Absehbar war ihr Abstimmungsverhalten selten, vor allem war es auch oft uneinheitlich.

Doch nun, sagt Schmidt, sechs Monate nach der Kommunalwahl, könne er den Schritt von Baritsch nicht nachvollziehen. "Wir haben ihn doch überall mitgenommen, ihm alle Informationen zukommen lassen und ihm sicher keine Steine in den Weg gelegt."

Den Fraktionsvorsitz habe Baritsch zu Beginn der neuen Amtsperiode im Mai von sich aus abgegeben, mit der Begründung, er wolle sich etwas zurücknehmen. Und bei den Verhandlungen mit CSU und Grünen im Vorfeld der Bürgermeisterwahl (den "Koalitionsverhandlungen", von denen Baritsch spricht) habe er sich selbst herausgenommen, "er wollte damit nichts zu tun haben", berichtet Schmidt.

Baritsch bestätigt das, meint allerdings, dass sein Rückzug nicht überraschend gekommen sein dürfte, "nach allem, was in der Vergangenheit war". Seit der Wahl im Frühjahr sei er eher von CSU- und Grünen-Stadtratskollegen über Aktuelles informiert worden, denn von den eigenen Fraktionskollegen. Auch andere im Kreis von FW und deren Unterstützer hätten die Rückkoppelung mit der Basis vermisst.

Baritschs Vorwurf, die Freien hätten nichts erreicht, stößt bei Schmidt auf Unverständnis: "Ich würde mal sagen, wir Freie haben in diesem ersten halben Jahr in Koalition mit CSU und Grünen mehr Anträge durchgebracht als in den ganzen vergangenen sechs Jahren", verweist er auf Änderungen der Geschäftsordnung mit dem Ziel, mehr Transparenz zu erreichen, oder den neuerlichen Anlauf für einen Jugendrat. Im Schulterschluss mit CSU und Grünen haben sie – ganz neu in der Geschichte der Bibertstadt – die Mehrheit im Stadtrat und können den Bürgermeister und dessen Fraktion jederzeit überstimmen.

Auf Abstand zu den Etablierten

Dass sich Baritsch genau in dieser Situation, von der er selbst sagt, es sei "ein wichtiger Zwischenschritt, um den SPD-Bürgermeister in der Bibertstadt doch endlich einmal abzulösen", abspaltet, sei allein persönlichen und inhaltlichen Dissonanzen mit den Fraktionskollegen geschuldet, beteuert Baritsch. Familiäre Gründe – er wird im Januar Vater – hätten damit nichts zu tun.

"Ich bedaure, dass ich weggehen muss, ich habe mit allen außer den zwei Fraktionskollegen immer gut zusammengearbeitet." Die Behauptung, er strecke bereits die Fühler zu allen anderen Fraktionen aus, verweist er ins Reich der Gerüchte. "Mit den Etablierten wollte ich bisher aus gutem Grund – mangels Bürgernähe – nicht zusammenarbeiten, jetzt werde ich das auch nicht anders halten."

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