Mit dem Nachtwächter in Cadolzburg auf Tour

30.10.2019, 20:57 Uhr
Mit dem Nachtwächter in Cadolzburg auf Tour

© Foto: Thomas Scherer

Das kennt jedes Kind: "Hört ihr Leute, lasst Euch sagen. . ." Das Lied von der Uhr und wie viel sie geschlagen hat, gehört natürlich zum Repertoire eines Nachtwächters. Auch Dieter Marx stimmt die Melodie an, und nicht nur diese. Im Interview erzählt der Cadolzburger von seinen Touren. Jetzt, da die Tage kürzer werden, ist er wieder öfter unterwegs. Außerdem gibt es neue Pläne.

 

Ist Ihr Nachtwächterdress frisch aufgebügelt, oder wie sieht es aus, Herr Marx?

Schuhe bräuchte ich vielleicht ein neues Paar, die sind ganz schön abgelaufen. Aber kein Wunder, das sind ja immer noch die ersten, zwölf Jahre alt, die haben schon ein paar Kilometer auf den Sohlen.

 

Und sonst?

Mein Gewand aus Stoff und die Hellebarde, die unser Kunstschmied Thomas Hürner gefertigt hat – alles ist okay. Auch mein Hut, ein Zimmermannshut. Original wäre natürlich der Dreispitz, so wie ihn der Helmut getragen hat, aber der ist mir zu schwer.

 

Seit dem Tod von Helmut Krämer, dem Ehrenvorsitzenden des Heimatvereins, im vergangenen Jahr sind Sie alleine als Nachtwächter auf Tour. Ist das zu schaffen?

Als ich noch als Kreisbrandrat beruflich aktiv war, hat der Helmut ungefähr zwei Drittel der Touren gemacht, ich ein Drittel. Jetzt bin ich in Rente und habe die Zeit. Im November führe ich Besucher an sechs Terminen vom Torturm, dem Brusela, über den Marktplatz in die Vorburg. In der Regel bin ich zwischen Oktober und Dezember einmal pro Woche mit Gruppen unterwegs.

 

Woher kommen die Besucher?

Als wir die Führungen im Zuge der 850-Jahr-Feier der Marktgemeinde initiiert haben, kamen viele Cadolzburger. Heute sind es Gruppen, das läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda. Firmenfeiern sind beispielsweise Anlässe. Ich habe aber auch schon Alpenvereinsmitglieder oder Leute vom Wasserschifffahrtsamt geführt. Und natürlich kommen aufgrund meines früheren Berufes auch viele Feuerwehren.

 

Was erzählen Sie auf Ihrer Runde?

Der Helmut hat viel zur Historie recherchiert, über Häuser rund um den Marktplatz und Personen. Und dann gibt es natürlich kleine Anekdoten. Das war übrigens sehr schön: Als wir mit den Touren begonnen hatten, kamen immer wieder Cadolzburger auf uns zu und sagten: Du, da hätte ich was für dich. Inzwischen habe ich bestimmt zehn Gschichtla, da kann ich variieren.

 

Und Ihre Lieblingsanekdote?

Ich habe drei Lieblingsanekdoten. Eine sehr schöne Geschichte ist die von einem Bauern, der den Sarg für seine verstorbene Oma noch nicht bezahlt hatte. Der Schreiner konnte seinem Gesellen deswegen den Lohn nicht auszahlen. Dieser fuhr deshalb mit dem Fahrrad zum Hof des Bauern. Im Nachthemd und mit einem von Mehl gebleichten Gesicht wartete er hinter einem Holzstoß, bis es dunkel wurde, Dann fuhr er mit dem Fahrrad ums Haus und rief: Zahl’ mir mei Truh’, sonst gib i ka Ruh’. Danach waren die Schulden schnell bezahlt.

 

Die Führungen waren schon immer kostenlos, oder?

Aber wir freuen uns über Spenden. Damit konnten wir beispielsweise den Trogbrunnen im Burgvorhof finanzieren oder die Beleuchtung vom Brusela. Zum 150-jährigen Jubiläum der Feuerwehr Cadolzburg gab es eine finanzielle Unterstützung für die Chronik. Das Geld kommt immer Dingen oder ehrenamtlichem Engagement in der Marktgemeinde zugute.

 

Und jetzt haben Sie neue Pläne?

Es geht um die Gänge des Felsenkellers, die am Tag des Offenen Denkmals schon einmal zugänglich waren. Früher hatten wir am Marktplatz sechs Wirtshäuser und drei Brauereien. Die Gemeinde will die Gewölbe begehbar machen. Es wäre schön, sie den Besuchern bei Führungen zu zeigen, ob im Rahmen der Nachtwächter-Tour oder extra, müsste man überlegen. Der Eingang ist beim Milchhaus, unter der Bühne, auf der beim Fest die Band spielt. Mit der Feuerwehr haben wir dort immer wieder einmal Übungen gemacht. Wenn da drin eine Rauchbombe gezündet wurde, hat man wirklich nichts mehr gesehen. INTERVIEW: HARALD EHM

Nachtwächterführungen sind entweder bei Dieter Marx oder über das Kulturamt der Marktgemeinde Cadolzburg unter Tel. (0 91 03) 5 09 32 zu buchen.

 

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