Mit diesen Zahlenjongleuren muss man rechnen

13.10.2013, 13:00 Uhr
Mit diesen Zahlenjongleuren muss man rechnen

© Hans-Joachim Winckler

Eins hin, zwei im Sinn — es soll ja Zeitgenossen geben, die jonglieren mühelos mit beliebigen Beträgen und müssen nicht einmal die Finger zur Hilfe nehmen. Macht das überhaupt noch Sinn, wenn längst jedes Handy mit Taschenrechnern ausgestattet ist? „Ich rechne gerne im Kopf“, sagt Waltraud Froitzheim. „In der Schule haben wir das jeden Tag geübt, der Lehrer war dabei schon recht streng.“ Die 70-Jährige vermutet, dass heutzutage Kopfrechnen nicht mehr so intensiv auf dem Stundenplan steht. Ehemann Manfred Froitzheim (73) kann sich sogar daran erinnern, dass der Lehrer bei falschen Antworten dem unglücklichen Schüler „schon mal eine gelangt hat“.

Mit diesen Zahlenjongleuren muss man rechnen

Wieso solche rabiaten Methoden die Rechenkünste beflügeln sollten, wird wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben. Selina Weiland hat in der Grundschule ein wesentlich effektiveres Training erlebt: „Wir haben Eckenrechnen gemacht, da stellten sich ein paar Schüler in einer Ecke auf und bekamen eine Aufgabe wie zum Beispiel 5 x 3 + 20 — 10. Wer zuerst die richtige Antwort wusste, durfte in die nächste Ecke wechseln. Sieger war, wer als Erster am Ausgangspunkt ankam.“

Mit diesen Zahlenjongleuren muss man rechnen

Heute besucht die 16-Jährige die Mittelschule in Cadolzburg. Mit ihren Mitschülern ist sie zum Wandertag nach Fürth gekommen. Ihre Klassenkameradin Anna Lena Stieler (17) nickt: „Wir haben in der zweiten und dritten Klasse viel Kopfrechnen geübt.“ Zum Taschenrechner greift sie heute erst „bei schweren Bruchrechnungen oder hohen Zahlen mit Komma“.

Mit diesen Zahlenjongleuren muss man rechnen

Anna-Lena Fürst (16) findet es praktisch, dass sie etwa an der Kasse stets schnell in Gedanken überschlagen kann, was ihr Einkauf kosten wird. Klare Sache auch für Alexander Helmrich: „Erst wenn die Zahlen zu heftig werden, kommt der Taschenrechner zum Zug — möglicherweise auch, um den Satz des Pythagoras auszurechnen.“

Brigitte Pastor (62) beschlich schon manchmal das Gefühl, dass „heute Kopfrechnen etwas zu wenig geübt wird“. Vielleicht, sagt sie, haben viele Eltern einfach nicht genug Zeit, um mit ihren Kindern diese Fähigkeit zu trainieren: „Bei uns ist das nicht so, aber ich denke bisweilen, dass es Kinder gibt, die anscheinend nur noch Handys im Kopf haben.“

Sie hat prägende Erinnerungen an ihre eigenen Schuljahre: „Ich wurde in Amerika eingeschult, als ich mit zwölf zurück nach Deutschland kam, musste ich mich erst einmal umgewöhnen, weil die Ziffern auf englisch genau andersherum gesagt werden. Vierundzwanzig heißt ja zum Beispiel twenty four.“

Ein Könner in Sachen Zahlen ist Salem Mohammed. Der 27-Jährige ist Betriebsleiter im Café Alex und weiß von den knapp 40 Mitarbeitern: „Manche Kellner machen die Rechnung auf dem Block, andere im Kopf.“ Er selbst verzichtet meist auf Stift und Papier. „Bis zu vier, fünf unterschiedliche Produkte sind gar kein Problem, wird es mehr, addiere ich in der Regel schriftlich.“ In seinem Beruf gehöre das einfach dazu: „Wer in der Gastronomie arbeitet, muss schon ein bisschen was zusammenrechnen können.“

Salem Mohammed stammt ur-

sprünglich aus Eritrea. Seine Mittlere Reife hat er in Hessen gemacht. Er lacht: „Ja, ja, das Bundesland hat bei der Studie nicht so toll abgeschnitten. Kann ich aber eigentlich nicht bestätigten. Kopfrechnen habe ich doch beispielsweise prima gelernt.“

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