Mit Kartoffeln im Bett Energie sparen

8.6.2012, 10:30 Uhr
Mit Kartoffeln im Bett Energie sparen

© Thomas Scherer

Es soll Pellkartoffeln mit Auberginen-Paprika-Gemüse geben. Den Topf mit den Kartoffeln hat Doris Grabau schon vom Herd genommen. Zehn Minuten war der eingeschaltet, erst auf der höchsten Stufe sechs, um das Wasser (mit Kartoffeln) zum Kochen zu bringen, dann auf Stufe zwei. Der Rest wird sich von selbst erledigen.

Grabau nimmt den Topf, stellt ihn im Gästezimmer samt Untersetzer aufs Bett, hüllt ihn in eine Wolldecke und dann in die Bettdecke. Die Kartoffeln sind innen noch hart. Ohne weitere Energiezufuhr sollen sie nun weich werden. Dafür bleibt viel Zeit, vier bis sechs Stunden. Grabau, die als Assistenzärztin in der Klinik arbeitet, hatte Nachtschicht und will vor dem Essen schlafen. „Vielleicht“, sagt die 49-Jährige, „sind die Kartoffeln schon nach einer Stunde durch, aber das hab’ ich nie ausprobiert.“

Dagegen weiß sie sehr genau, dass das Kartoffelschälen bei ihrer Garmethode zum Kinderspiel wird. „Man verbrennt sich nicht ständig die Finger.“ Weiterer Pluspunkt: „Die Kartoffeln sind nie matschig.“ Das Kochen mit Herd und Bett eignet sich, schwärmt Grabau, auch „ganz wunderbar“ für Reis, insbesondere Naturreis, Getreidekörner oder Gemüsesorten wie Brokkoli oder Blumenkohl.

Bett und Decke können auch durch eine Kochkiste ersetzt werden. Grabau hat sich informiert und meint, man müsse nur zwei unterschiedlich große Kartons ineinander stellen und den Zwischenraum mit Styropor oder Zeitungspapier ausstopfen, damit eine Isolierschicht entsteht.

Aus der Not geboren 

Ursprünglich machten Menschen so aus der Not eine Tugend. In Kriegs(mangel)zeiten, heißt es bei Wikipedia, „sicherte die Kochkiste mit einem Minimalverbrauch des Heizmaterials die Zubereitung warmer Speisen...“ Während der Berlinblockade wurde demnach der nur nachts kurz verfügbare Strom genutzt, um Essen „anzukochen“. In Kochkisten habe man es dann bis mittags fertig gegart.

Auf Anraten ihrer Mutter — „Ach, den Topf kannst du doch ins Bett stellen, das hab’ ich früher auch gemacht“ — entschied sich Doris Grabau für die Variante ohne Kiste. So erfüllt ihre selbst gestrickte Wolldecke, die mal eine Jacke war, auch noch einen Zweck. Grabau gefällt das. Sie hat „Respekt vor der Energie, die in Dingen steckt, vor der Mühe, die jemand hatte, etwas herzustellen“. Und sie mag es nicht, wenn die Dinge zu schnell im Müll landen.

Dazu der Kommentar von Matthias Zeuner-Hanning, Umweltexperte der Verbraucherzentrale Bayern:

Weil die Wolldecke den Topf nach außen isoliert und daher nur wenig Wärme über die Kochtopfwand entweicht, kühlt der Topf sehr langsam ab. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren sogenannte Thermotöpfe, bei denen der Topf nach dem Ankochen in eine isolierende Thermobox zum Weitergaren gestellt wird. Wie viel Energie dadurch eingespart wird und wie lange verschiedene Speisen bei dieser Methode garen müssen, ist allerdings schwer zu sagen.

Eine pfiffige Alternative zum Elektroherd, um Wasser in der Küche strom- und zeitsparend zu erhitzen, ist in jedem Fall ein elektrischer Wasserkocher. Im Vergleich zur Kochplatte oder dem Glaskeramikkochfeld braucht der Wasserkocher zum Kochen von einem Liter Wasser 40 Prozent weniger Strom und spart etwa vier Minuten Zeit. Es lohnt sich also durchaus, neben dem Teewasser auch Wasser für Nudeln oder Kartoffeln erst per Schnellkocher zu erhitzen und dann in einen Topf für den Herd umzufüllen.

Auch Dampfkochtöpfe sparen Energie. Sie reduzieren die Garzeit und den Energiebedarf um bis zu 60 Prozent bei lang kochenden, um 30 bis 40 Prozent bei kurz kochenden Gerichten. Kürzere Zubereitungszeiten schonen zudem die Vitamine. Und um kleine Lebensmittelmengen bis etwa 500 Gramm zu erwärmen und zu garen, spart die Mikrowelle gegenüber dem Elektroherd deutlich Zeit und Strom. Dies kann für Singlehaushalte relevant sein oder für Familien, deren Mitglieder zu unterschiedlichen Zeiten essen.

Tipps zur Kochkiste gibt der Bund der Energieverbraucher unter www.energieverbraucher.de „Zum Garen vieler Speisen ohne zusätzliche Energiezufuhr ist das Bett ein guter Ort. Lassen Sie zum Beispiel Reis nach zwei Minuten Kochen bei geschlossenem Topf dort noch 20 bis 30 Minuten garen. Sie werden staunen, es klappt. Anstelle des Bettes eignet sich auch ,Omas Kochkiste‘.“

Die kann, modifiziert, zum Solarkocher (Sonnenofen) werden. Der Bund der Energieverbraucher: Ein Sonnenofen ist eine gedämmte Holz- oder Pappkiste, die oben mit ein oder zwei zumeist geneigten Glasscheiben abgedeckt ist. Oberhalb der Kiste ist ein verspiegelter Deckel angebracht, der zusätzliches Licht in den Ofen lenkt.

Töpfe oder Backgut sind gegen schnelles Auskühlen durch Wind und durch wechselhafte Bewölkung geschützt. So werden selbst bei leicht bewölktem Himmel noch 80 Grad erreicht, was zum Garen von Reis oder Gemüse ausreicht. Wärmespeicherung durch Steinplatten beschleunigt den Koch- und Backprozess erheblich. Temperaturen von bis zu 180 Grad wurden in unbefülltem Zustand gemessen.

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