Mit Magie und Gurkenhobel

5.10.2007, 00:00 Uhr
Mit Magie und Gurkenhobel

© Thomas Scherer

«Wenn Sie des mit dem Esslöffel abmessen, dann braung mer nimmer redn», poltert Willi Bromberger (71) und wirkt fast schon beleidigt. «Beim Kaffee merkst Du jedes Gramm! Jedes.» Exakt 7,5 Gramm pro Tasse wirft sein Dosierer - ein Behälter aus Plastik - aus. Kostet 16 Euro. Der Dosenöffner, der den Deckel sauber rändelt, 20 Euro, und ein Gummibesen ist auch im Angebot. Und wenn einer zögert? «In Ihrem Alter», sagt der Einzelkämpfer dann, «hängen ’S doch nicht am Geld , Sie müssten am Leben hängen!»

Schwach anreden und stark anziehen, das ist das Erfolgsrezept der Verkäufer. Hans-Peter von Bröchen etwa bringt seit 25 Jahren «magische Messer» unters Volk. «Schinken, Käse, Wurst und Speck, alles schneid’ das Messer weg», reimt er gut gelaunt, «denn das ist sein Lebenszweck.»

Solche Sprüche kann man lernen und mit Fleiß viel erreichen. Um die Leute bei Laune zu halten braucht es jedoch Talent. «Die Kunden müssen gut unterhalten werden!», sagt von Bröchen. Er hat in den USA schon Verkaufsshows fürs Fernsehen gemacht und auf Englisch moderiert. Funktionierte. Da wird im Parterre mit scharfem Instrument gearbeitet und «die Finger sind im ersten Stock».

Scheinbar mühelos («man muss ein bisschen üben») fabriziert er Wurstscheiben so gleichmäßig wie aus der Maschine, zerteilt Tomaten bis auf den letzten Rest und hobelt ein Radieschen so dünn, «dass man sogar das Kleingedruckte lesen kann».

Die Errungenschaften der Küchentechnik sind anscheinend für sparsame Menschen gemacht. Zeit sparen, Kraft sparen - und bloß nichts verkommen lassen. Bunte Silikondeckel mit Vakuumeffekt, das mittlere Set für 39 Euro, halten Essensreste frisch, können als Haube wie auch Untersetzer dienen. Großes Geschrei, sagt Verkäuferin Manuela Hendle, «die wollen wir gar nicht». Das Produkt solle überzeugen. Wie die vielen Dinge, die man nur (noch) auf der Kärwa kriegt. Den Hornhauthobel mit 100 Ersatzklingen für 10 Euro, etwa bei Familie Hepke, dazu Fensterleder, Schuhbürsten und Mottenkugeln. Die steckt übrigens niemand mehr zwischen die Wäsche, sondern dem Maulwurf in seinen erdigen Hausflur. Alles wie eh und je - die Berliner sind seit 38 Jahren in Fürth.

Oder die Holzlöffel, so lang wie Schulkinder, Kartoffelpressen und Email-Töpfe bei Feulner. Auch Holzmodel und die 96 verschiedenen Ausstechförmchen sind grad bei jungen Frauen gefragt. «Die lassen sich auch Rezepte erklären. Alle Achtung!», lobt Helga Feulner. Hauptsache, es bleibt einer stehen. «Der Mensch ist ein Herdentier», sagt Dieter Kamp und preist sein Tuch als «blaues Wunder» an. Jedenfalls lernt das Publikum etwas über Physik: Dass Wasser den Schmutz mit sich trägt und nur Trockenes streifenfrei wischt. Aha!

Die Shopping-Kanäle im Fernsehen, klagt Marianne Popp, machten das Geschäft kaputt. Schnell verkauft, schlecht erklärt. Auf der Kärwa ist alles anders und ihr «Börner V-Hobel» fürs Gemüse zeigt, was er kann. Gurkenwürfel spritzen vergnügt, die Karotten stifteln sich wie von selbst. Und daheim, wenn die Finger sich sperren? «Ach Goddala, man muss sich damit befassen», rät Popp.

Das klingt nach Heimarbeit. Schon deshalb sollten Verkäufer amüsant werben. Alexander Knötig schafft es gar, seinen Sparschäler - ein Klassiker - politisch zu verkaufen. Der «inneren Sicherheit» wegen habe Beckstein den Männern die Hausarbeit verboten. Wenn sie jedoch zum «Gemüsehai» greifen, erteile Pauli eine Ausnahmegenehmigung. Er schält mit einer Bewegung auf und ab. «Die gewonnene Zeit», schmarrt Knötig, «widme ich meiner Gattin.» Zumindest in den nächsten sieben Jahren.