Investitionen von 75,7 Millionen Euro

Mitten in der Corona-Krise: Fürther Stadtrat beschließt Rekordetat

2.12.2021, 21:00 Uhr
Etatberatungen 2021 in der Fürther Stadthalle: Der Oberbürgermeister und seine Referenten und Referentinnen. 

© Foto: Tim Händel Etatberatungen 2021 in der Fürther Stadthalle: Der Oberbürgermeister und seine Referenten und Referentinnen. 

Das Fürther Gremium folgt einer Empfehlung des Innenministeriums und führt im Politik-Betrieb 3Gplus ein. In München war es nach einem Zwölf-Stunden-Sitzungsmarathon des dortigen Stadtrats zu einem Corona-Ausbruch gekommen. Bei den Fürther Etatberatungen hielten sich die Kommunalpolitiker diszipliniert an Oberbürgermeister Thomas Jungs Bitte, sich wegen der hohen Infektionszahlen „so kurz wie möglich zu halten“.

Einstimmig - seit Jahren ein Novum - beschlossen sie einen Etat, der in der Pandemie trotz angespannter Finanzlage einen Kraftakt vorsieht: Stellenschaffungen, Schuldenabbau und Rekordinvestitionen in Höhe von 75,7 Millionen Euro, nur minimal mehr als zu Beginn der Sitzung (75,6 Millionen). Ein Zeichen dafür, dass sich die Parteien mit Wünschen und Forderungen zurückgehalten haben.

"Größter Grundstückskauf in der Stadtgeschichte"

Neue Schulden macht die Stadt zwar nicht, sie muss aber tief in ihre Rücklagen greifen und 34 Millionen Euro entnehmen. Durchgewunken wurde dafür allerdings auch - sehr zur Freude des OB und ohne Gegenstimme - ein 25-Millionen-Grundstückskauf im Golfpark Atzenhof, "der größte Grundstückskauf der Stadtgeschichte".

Die Stadt will bei diesem Vorhaben 120.000 Quadratmeter Grund vom Bund für Gewerbetreibende erwerben. Jung schwärmt von einer "Zukunftsinvestition", von der er sich auch Steuereinnahmen verspricht. Obwohl Bundestag und Bundesrat den Deal ebenfalls noch billigen müssen, hofft Jung, dass "schon ab 2023" der Weiterverkauf der Grundstücke möglich ist.

Er und Finanzreferentin Stefanie Ammon zeigten sich erleichtert, dass mit dem Etat 2022 zum elften Mal in Folge ein Fürther Haushalt ohne Nettoneuverschuldung auskommt. In bescheidenem Umfang will Fürth Schulden abbauen, nämlich drei Millionen Euro. Der Haushalt ist nach den Beratungen ausgeglichen. Die zunächst noch vorhandene Deckungslücke von 1,3 Millionen Euro schmolz laut Ammon vor allem dank aktualisierter Steuerschätzung, die die Einnahmen bei der Einkommensteuer auf über 83 Millionen Euro taxiert statt auf 82.

Die Stadt schafft 20 Vollzeitstellen, und sie investiert nicht nur in den Kauf von Grundstücken, sondern steckt auch jede Menge Geld vor allem in den Bereich Schulen, Kitas und Sport. Insgesamt sind dafür rund 28 Millionen Euro reserviert. Unter anderem sollen Raumprobleme an Grundschulen gelöst werden, provisorisch mit Containern. An der Seeackerschule entsteht die dringend benötigte Dreifachturnhalle, seit kurzem rollen dort die Bagger.

Verzicht auf Etat-Ansprache

Es gab Jahre, in denen sich die Etatberatungen über zwei Tage erstreckten. Diesmal waren sie im Nu erledigt. Die Kommunalpolitiker fassten sich in ihren Haushaltsreden und auch Schlussbemerkungen so kurz wie vermutlich noch nie zuvor. Das ging so weit, dass Georg Knorr von den Freien Wählern nur ans Mikrofon trat, um zu sagen, dass er auf seine Ansprache verzichte, man könne sie ja nachlesen.

SPD-Fraktionschef Sepp Körbl, der die Stadt mit der Pandemie und den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit vor großen Herausforderungen sieht, lobte die Debatte als "sachlich, zielgerichtet und im Großen und Ganzen auch als harmonisch".

Hitziger wurde es nur vereinzelt, etwa als es um die Frage ging, ob die Berufsschule II bei all den Schulprojekten womöglich ins Hintertreffen gerät - nein, befand die Mehrheit. Den Haushalt bezeichnete Körbl als "sozial ausgewogen" und auch mit Blick auf den geplanten Schuldenabbau als nachhaltig und generationengerecht. Ihn freuten Zuschusserhöhungen etwa für das Freiwilligenzentrum, die Awo oder Caritas.

Kamran Salimi, Fraktionsvorsitzender der Grünen, erklärte, er könne in diesem Etat auch die Handschrift seiner Partei erkennen, etwa im Bereich Kultur, wo beispielsweise die Atelierförderung von Künstlern mit 15.000 Euro im Jahr fortgesetzt oder das Festival "Kulturterrasse" auf Dauer bezuschusst werden soll. Zwar habe sich seine Partei mehr beim Thema Klimaschutz erhofft, doch erkenne man an, dass erste Maßnahmen geplant sind. Die Stadt veranschlagt jetzt erst einmal 250.000 Euro pauschal für Klimaschutzmaßnahmen wie die Einrichtung einer Unabhängigen Beratungsstelle für Energie und Klimaschutz. Das Paket für den Klimaschutz steht am 22. Dezember auf der Tagesordnung des Stadtrats.

CSU-Fraktionschef Maximilian Ammon freute sich, "dass wirklich jeder verstanden hat, wie die Finanzen der Kommune sind". Denn: "Die ganz großen Wünsche sind ausgeblieben." Er sieht Fürth grundsätzlich auf einem guten Weg. Nötig zwar, aber ärgerlich, sei, dass die Stadt 110.000 Euro für einen Sicherheitsdienst ausgeben müsse, der im Ämtergebäude Süd für den Schutz des Personals sorgt, nachdem dort im Oktober eine Mitarbeiterin attackiert worden war.

Niklas Haupt, Gruppensprecher der Linken, forderte mit Blick auf die Pandemie eine "Offensive im sozialen Bereich" und "endlich ein Sozialticket im ÖPNV, das seinen Namen verdient". Seine Partei drängte darauf, sozial schwache Fürth-Pass-Inhaber pauschal mit 15 Euro zu bezuschussen. Die Kämmerin nahm den Linken jedoch den Wind aus den Segeln.

"Epochaler" Vorstoß beim Sozialticket

Sie kündigte ihrerseits einen Vorschlag an, "aber der ist so epochal", sagte sie, dass er den Rahmen dieser Haushaltsberatungen sprengen würde. Ammon verriet zur Verblüffung der wohl meisten Kommunalpolitiker noch, dass von 6,98 Euro im Monat für ein Sozialticket ab 9 Uhr im Stadtgebiet Fürth die Rede sei. Einem Ticket, für das Normalzahler 2022 monatlich 27,90 Euro berappen müssen. Im ersten Quartal 2022, versprach der OB, werde man Details liefern. Wenn die Linken dem Haushalt diesmal zustimmen, sagte Haupt, dann "handelt es sich bei uns um einen Vertrauensvorschuss".

Höhere Parkgebühren

Andreas Haas erklärte, die AfD stimme dem Etat zu, einfach weil eine Stadt einen Haushalt brauche. "Ohne Haushalt geht´s nicht." Einzelstadtrat Stephan Eichmann (FDP) rückte unter anderem die Digitalisierung in den Vordergrund. "Wir müssen heute sparsam sein", befand er, doch sei noch viel zu tun, um Fürth in eine Smart City mit intelligenter Verkehrslenkung und mehr zu verwandeln. Das werde in Zukunft ein wichtiger Standortfaktor sein.

Wie die Grünen mit Blick auf die Klimakrise und eine Verkehrswende zugunsten ressourcenschonender Verkehrsmittel hatte auch Eichmann eine Erhöhung der Parkgebühren in der Innenstadt angeregt. Mit ihr ist nun auch zu rechnen. Beschlossene Sache ist: Man rechnet 2022 mit 400.000 Euro mehr bei den Parkeinnahmen, die bisher bei 1,5 Millionen Euro im Jahr liegen. Geschätzt entspräche das einer Steigerung um 30 Prozent, so der OB, ein Ticket für jetzt einen Euro käme dann auf 1,30 Euro.

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