Mozart gibt Vollgas in Vach

11.9.2018, 11:29 Uhr
Mozart gibt Vollgas in Vach

© Markus Kohler

Wie wäre es mit Wolfgang Amadeus Mozart und seiner Musik weitergegangen, hätte er nur länger gelebt? Ein möglicher Weg wäre die Konzentration auf die Kirchenmusik gewesen. Ein anderer die Jahrmarktsmusik, die klangliche Untermalung zu sensationellen Präsentationen - wobei Mozart sich nicht mit rein illustrativen Klängen aufgehalten hätte.

Zwei Werke des Abends hatte Mozart gegen Ende seines Lebens tatsächlich für eine Flötenuhr geschrieben, was nichts anderes ist als ein Spielwerk für Orgel, wie man sie auf Jahrmärkten antrifft. Seine Fantasie in f-moll KV 594 erklang stündlich in einem Rokoko-Mausoleum, in welchem die Wachspuppen des Kaisers Joseph, eines verblichenen Feldmarschalls und dessen türkischem Adoptiv-Mädchen bei gedämpfter Beleuchtung beisammen standen - sehr zum Gefallen des Schaustellers, der Mozart gerne mit weiteren derartigen Aufträgen betraut hätte. Der Witz an der Sache ist: Mozart hatte seine Musik derartig konzipiert, dass nur ein mechanisches Spielwerk, nicht aber ein leibhaftiger Organist der Notenfülle Herr werden konnte - genauso wie bei dem monumentalen Schwesterwerk, der Fantasie f-moll KV 608. Dazu bedarf es schon vier Hände.

Der Orgelveteran Helmut Scheller und seine Schülerin Ulrike Koch wagten sich an diese Aufgabe. Und in der Tat eignet sich eine kleine Dorfkirche wie St. Matthäus in Vach ideal für ein solches Experiment, denn bei der dichten Notenfolge würden sich die Töne im Nachhall eines großen Kirchenraums gegenseitig erschlagen.

Zwischen diesen Eckpfeilern hatten Scheller und Koch Klavierwerke zu vier Händen für Orgel arrangiert, nämlich das Andante mit Variationen KV 501 und die Sonate D-Dur KV 381. Obwohl als reine Instrumentalmusik für Klavier gedacht, vermitteln diese Werke einen Eindruck davon, wie Mozartsche Sakralmusik für Orgel geklungen hätte  speziell die in tiefe Melancholie getauchte vierte Variation des Opus 501. Dem Eindruck des Sakralen am nächsten kommt die bekannte Fantasie d-moll KV 397, worin sich der Improvisator Mozart mit dem freien Spiel von Carl Philipp Emanuel Bach auseinandersetzte.

Alles in allem ein bei aller Virtuosität sehr verspielter, ja beschwingter Orgelabend, der Ohren und Herzen der Zuhörer beflügelte - auch wenn gelegentlich eine Taste im Manual hängenblieb, wie Helmut Scheller in seiner Dankesrede gestand.

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