Nach Abschiebung von Vladyslav V.: Stadtrat setzt Zeichen

26.2.2021, 16:00 Uhr
Bei einer Kundgebung am Donnerstag, 18. Februar 2021, forderten Fürther Fachoberschüler die Rückkehr ihres Freundes Vladyslav V., der mit seiner Familie Ende Januar in die Ukraine abgeschoben worden war. Auch Niklas Haupt (Bild) von den Linken sprach bei der Protestaktion. 

© Ron Hübner Bei einer Kundgebung am Donnerstag, 18. Februar 2021, forderten Fürther Fachoberschüler die Rückkehr ihres Freundes Vladyslav V., der mit seiner Familie Ende Januar in die Ukraine abgeschoben worden war. Auch Niklas Haupt (Bild) von den Linken sprach bei der Protestaktion. 

Niklas Haupt (Linke) hatte zuvor im Finanz- und Verwaltungsausschuss von einem Skandal gesprochen. SPD-Fraktionschef Sepp Körbl wetterte: "Natürlich müssen wir uns an Recht und Gesetz halten, aber menschlich gesehen ist es eine Schweinerei, was da passiert ist."

Vorigen Donnerstag hatten Zwölftklässler der Max-Grundig-Schule gegen die Abschiebung ihres Klassenkameraden protestiert. "Vlad" lebte mit seinen Eltern und Brüdern (11 und 3) seit 2015 in Fürth. Er ist 21 und wollte das Fachabi machen. Am 29. Januar wurden alle fünf, so Mitschüler, um 3 Uhr aus dem Bett geklingelt. Ein Zeitpunkt, der sich laut Landesamt für Asyl und Rückführungen nach dem Abflugtermin richtet. Vlads Anwältin Alla Schäfer sagt, die Betroffenen bekommen dann rund eine halbe Stunde Zeit, um zu packen.

Sinn-Stiftung: Familie war bestens integriert

Die Familie galt als bestens integriert, so Vertreter der evangelischen Nürnberger Sinn-Stiftung. Der massiv hörgeschädigte "Vlad" habe in Deutschland ein Cochlea-Implantat erhalten und sei aufgeblüht. Er habe ehrenamtlich Kinder betreut und für Senioren eingekauft.

Jetzt wurde ihm der "Boden unter den Füßen entzogen". Sein Vater, als Polizist in der Ukraine ursprünglich zuständig für Korruptionsvergehen in der Polizei, habe hier als Ingenieur für Elektronik gearbeitet und müsse nun in der Heimat um sein Leben fürchten.

Asylgesuch abgelehnt

Das Asylgesuch der V.’s wurde 2017 abgelehnt. Eine Klage dagegen blieb erfolglos. Und einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche lehnte die Fürther Ausländerbehörde ab. "Wir hatten keinen Ermessensspielraum", sagte Rechtsreferent Mathias Kreitinger. Schäfer sieht das anders.

Die Stadt habe ihrem Mandanten eine Bewilligung in Aussicht gestellt, aber konträr entschieden. Ab September 2020 galt Vlad als "vollziehbar ausreisepflichtig", von da an war für ihn die Zentrale Ausländerbehörde der Bezirksregierung (ZAB) zuständig. Da keine Duldungsgründe ersichtlich waren, heißt es auf Nachfrage aus Ansbach, "leitete diese die Aufenthaltsbeendigung ein".

Klage gegen Vorgehen der Stadt

Anwältin Schäfer klagte gegen das "nicht nachvollziehbare" Vorgehen der Stadt, das Urteil steht noch aus. Und sie stellte Eilantrag auf Aussetzung der Abschiebung. Den lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach ab, nun ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am Zug.

Andrea Heilmaier (CSU) sagte, der Fall berühre sie. Doch gehe sie davon aus, dass alle Details geprüft wurden. "Wir können uns nicht über unseren eigenen Rechtsstaat hinwegsetzen, wenn wir nicht alle Fakten kennen", mahnte sie und erklärte, die Abschiebung "auf der Basis absoluten Nichtwissens" nicht zu verurteilen.

Vlad "völlig verzweifelt"

Ihre Fraktion und die AfD schlossen sich dem an. Bürgermeister Markus Braun (SPD) indes betonte, er verurteile die Rückführung der Familie ("Der Fall zeigt, dass wir manchmal die Falschen abschieben"), nicht aber das Verhalten der Stadt.

Niklas Haupt hat Kontakt zu Vlad. Der 21-Jährige sei "völlig verzweifelt". Haupt hofft, dass die Kommunalpolitiker ihren "Worten Taten folgen" lassen und sich für eine Rückholung von Vladyslav V. und seiner Familie stark machen.