Penthouse auf der Jugendstilperle

23.10.2007, 00:00 Uhr
Penthouse auf der Jugendstilperle

© André De Geare

Die Historiker sprechen von einer kognitiven Heimatkarte, die sich aus markanten Gebäuden zusammensetzt und das Bild einer Stadt prägt. Das ehemalige Offiziers-Casino in der Steubenstraße gehört für die Fürther sicher dazu, doch die Jugendstilvilla hat ihr Gesicht verändert. Dunkle Glasfronten sind aufgesetzt und eine Mauer auf der Terrasse im ersten Stock, aus dem Dach springen klotzige Gauben.

Stadtheimatpfleger Alexander Mayer ist entsetzt. Mehrfach habe er die Umbaupläne «sehr ausdrücklich und schriftlich» abgelehnt. Sein Argument: Der Glasaufbau würde «das herausragende Jugendstilgebäude in Fürth» völlig verfremden. Doch Mayers Einwände fanden kein Gehör.

Von «sehr schwierigen» Verhandlungen mit dem Denkmalschutz spricht beim Spatenstich für den Neubau auch Investor Klaus Zöpfel. Jetzt aber sei eine gute Symbiose der Nutzung gefunden, sagt er und dankt «der Stadt Fürth, insbesondere dem Hochbauamt und der Stadtplanung, die kräftig mitgeholfen haben». Arztpraxen und Wohnungen sollten in der Villa mit 1400 Quadratmetern Wohnfläche entstehen. Inzwischen ist die gewerbliche Nutzung vom Tisch: Acht von zehn Wohnungen im Jugendstilgebäude sind verkauft. Von elf Wohnungen im künftigen Neubau sind sechs schon weg. Gesamtbausumme: 5,5 Millionen Euro.

Als «weiteren Glanzpunkt» der Stadt lobte Oberbürgermeister Thomas Jung das Projekt. Wohnraum für junge Familien entsteht, das beliebte Wohnquartier um den Südstadtpark ziehe viele Neubürger nach Fürth.

Sie kommen oft gerade, weil die alten Kasernengebäude ein ganz eigenes Flair atmen. Jeder Umbauwunsch ist deshalb eine Gratwanderung, gesteht Baureferent Joachim Krauße offen ein. Auch, dass «relativ weitgehende Eingriffe» im Dach genehmigt wurden und dass die Veränderungen an der Villa «grenzwertig» sind.

In der Klemme

Doch die Stadt war in der Klemme: Das ehemalige Casino, 1902 nach den Plänen von Jakob Schmeißner für das Königlich Bayerische Infanterie Regiment erbaut und von den Amerikanern als «49 Club» betrieben, galt als Schmuckstück der aufgelassenen Darby-Kaserne. Der Verkauf klappte nicht wie geplant. Kein Investor wollte bei diesem Schnäppchen anbeißen, das Gebäude stand jahrelang leer und verfiel. Über den Kaufpreis fällt bis heute kein einziges Wort. Auch Klaus Zöpfel, der 2005 mit seiner Frau Monika übernahm, schweigt darüber. Die Villa, sagte Zöpfel vor zwei Jahren, sei «eine Liebhaberei, an der man kein Geld verdient». Die Decken waren teilweise heruntergebrochen, der Dachstuhl mit Holzschutzmitteln verseucht. Er wurde komplett abgeräumt.

«Die Reinheit der Prinzipien . . .», sagt Baureferent Krauße ironisch. «Wir haben abzuwägen.» Zwischen dem Wunsch nach völliger Restauration auf der einen Seite und dem Schreckensbild von Leerstand und Vandalismus auf der anderen. «Die Entscheidung nimmt uns niemand ab», sagt Krauße: «Es heißt ja Denk mal Stadt Fürth.» Es gebe gelungene Beispiele: Der Kasernen-Riegel an der Flößaustraße etwa und die Grüne Halle, die beide trotz schlechter Prognosen erhalten werden konnten.

Beim Offiziers-Casino ist die Stadt von ihren ursprünglichen Plänen weit abgewichen: So sollte im 4000 Quadratmeter großen Garten wieder Gastronomie - stilvoll und fußläufig zum Südstadtpark - einziehen. Stattdessen wird ein viergeschossiger Neubau mit Penthouse-Wohnungen auf dem Dach entstehen. Dass der alte Baumbestand auf dem Gelände weitgehend erhalten wird, ist da ein kleiner Trost.

Für die Villa tröstet sich Stadtheimatpfleger Alexander Mayer schlichter: «Man kann Glasanbau und Gauben ja wieder wegmachen.»