Was es zu beachten gilt

Pilze roh essen? Expertin aus dem Landkreis Fürth gibt Tipps

15.10.2021, 06:00 Uhr
Einen Korb mit Pilzen zeigt Sissi Stanek. Essbare Sorten sind nicht dabei.

© Foto: Harald Ehm Einen Korb mit Pilzen zeigt Sissi Stanek. Essbare Sorten sind nicht dabei.

Reicht Ihnen ein Korb, wenn Sie derzeit zum Pilze sammeln in den Wald gehen, Frau Stanek?

Sissi Stanek: Er muss mir reichen, denn jeder, der im Wald unterwegs ist, um Pilze zu suchen, darf maximal ein Kilogramm mitnehmen.


Neue Arten: Klimawandel lässt auch giftige Pilze wachsen


Angesichts der Wetterbedingungen und den zurückliegenden Trockenjahren müsste es doch eine hervorragende Pilz-Saison sein.

Sissi Stanek: Ich würde maximal von einem durchschnittlichen Jahr sprechen, bei uns war es auf jeden Fall nicht besonders. Als ich zuletzt bei einer Pilzwanderung mit Leuten im Wald war, habʼ ich nur ein bisschen was gefunden, allerdings nichts Essbares. Zum Glück kenne ich eine Stelle, an der immer Trompetenpfifferlinge wachsen, da habe ich die Teilnehmer dann hingeschickt, damit sie auch etwas Verwertbares in ihren Körben hatten.

Warum sprießen die Pfiffer denn heuer nicht zahlreicher?

Sissi Stanek: Schwer zu sagen. Im Frühjahr war es auf jeden Fall lange zu kalt. Dass nicht so viel los war, sehe ich auch an der Zahl meiner Pilzkartierungen: Im vergangenen Jahr habe ich über 100 gemacht, heuer nicht einmal die Hälfte.

Sie beobachten schon sehr lange, welche Pilze wo wachsen. Was stellen Sie fest?

Sissi Stanek: Pilze sind sehr sensibel und sie brauchen rund 20 bis 30 Jahre, um sich an neue Gegebenheiten zu gewöhnen. Ich leite meine Daten weiter, unter anderem an die Bayerische Gesellschaft für Mykologie, da gibt es zwar kein Feedback, was ich aber feststelle: Früher wuchsen bei uns sehr viele Pfifferlinge, das hat sich komplett gewandelt.

Woran liegt das?

Sissi Stanek: Schwierig zu sagen: Die Pilz-Myzelien, also die Geflechte, reagieren sicher auf Stickstoffdüngung, wenn landwirtschaftliche Flächen an den Wald angrenzen. Die Durchforstung und der Waldumbau spielen eine Rolle. Vielleicht auch der saure Regen, von dem man aber interessanterweise nichts mehr hört.

Corona hat die Menschen in die Natur getrieben, das betrifft auch das Pilzesammeln. Was sind die größten Fehler, die Neulinge machen können?

Sissi Stanek: Die Leute greifen oft zu Pilzen, die zu alt sind, und das kann zu einer satten Lebensmittelvergiftung führen. Außerdem soll man nur das nehmen, was man kennt. Wer sich unsicher ist, sollte zur Pilzberatung gehen. Und bitte, keine Pilze roh essen: Sie sind giftig – Steinpilze, Brätlinge und Champignons ausgenommen.

Abdrehen oder abschneiden?

Sissi Stanek: Oh Gott, da gibt es richtige Glaubenskriege und bei meinen Pilzwanderungen regelmäßig große Diskussionen. Ich sage, abschneiden und den Pilz anschließend auch gleich in der Mitte durchschneiden. Dann sehe ich nämlich, ob er wurmig ist oder nicht, und im Korb ist es eine saubere Angelegenheit.


Was tun bei einer Pilzvergiftung?


Kann man giftige Pilze erkennen?

Sissi Stanek: Das werde ich bei meinen Veranstaltungen auch immer wieder gefragt – ganz klar: Nein. Ich sage immer wieder, man muss sie kennen.

Das geht inzwischen doch bestimmt super mit einer App auf dem Handy, oder?

Sissi Stanek: Die Pilzsachverständigen, etwa von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, raten eigentlich von Apps ab. Bücher sind da immer noch besser. In Tests hat die App ,Pilze 123’ gut abgeschnitten, die kostet allerdings 33,99 Euro.

Sie arbeiten auch für die Giftnotrufzentrale. Ist das nicht oft sehr dramatisch?

Sissi Stanek: Ich hatte heuer bisher fünf Notrufe. Oft sind es kleine Kinder, die im Gras krabbeln und dann einen Pilz in den Mund nehmen. Zuerst sage ich den Leuten, sie sollen den Pilz zusammensetzen, damit sie sehen, ob wirklich ein Stück fehlt. Dann müssen sie ihn mir bringen. Man muss denjenigen, der den Pilz gegessen hat, natürlich beobachten. Treten nach ein bis zwei Stunden Probleme wie Bauchschmerzen auf, ist die Lage nicht lebensbedrohlich. Gefährlich wird es in der Regel erst, wenn es länger dauert, man sich etwa am nächsten Tag erbricht. Dann darf man keine Zeit verplempern und muss schleunigst in die Klinik. Aber, zur Beruhigung: Richtig gefährliche Fälle hatte ich in all’ der Zeit noch nie.

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