Pläne für die Wohnsilos bröckeln

15.7.2003, 00:00 Uhr
Pläne für die Wohnsilos bröckeln

© Scherer

Mit dem Votum reagieren Zirndorfs Politiker auf eine Welle des Protestes, die Anlieger in Bewegung setzten, als die kommunalen Pläne, eine große Grünfläche im nördlichen Stadtteil „Alte Veste“ zu bebauen, publik wurden. Wie berichtet, verurteilten die Beschwerdeführer weniger die Bebauung an sich als die Form, die der Stadtrat ins Auge gefasst hatte. Neben einem weitgehend unstrittigen Reihenhauskomplex im östlichen Teil des 1,3 Hektar großen Areals zwischen Bahnlinie, Kreutlein- und Eichenwaldstraße sollen dem bereits in der vorangegangenen Sitzung modifizierten Vorentwurf zufolge sechs so genannte Punkthäuser entstehen.

Auf einer Grundfläche von jeweils gut 300 Quadratmetern würden sie auf drei Etagen Wohnraum der gehobeneren Klasse beherbergen. „Wohnsilos“ schimpften Anlieger diese Form der Architektur. Als zu dicht und vor allem der bestehenden Struktur nicht angepasst verurteilte die Interessengemeinschaft der Anlieger um Hellmuth und Astrid Matthey das Vorhaben und lief Sturm dagegen.

Ihre Einwände gegen die Bebauung brachten die Anlieger im Rahmen der öffentlichen Auslegung auf Papier und ließen sie der Stadt und ihren politischen Entscheidungsträgern zukommen. Die Schnellhefter, die an die Stadträte adressiert waren, ergänzte Astrid Matthey um den dringenden Appell, „die Entscheidung im Interesse des Gemeinwohls zu fällen, die Gleichbehandlung der Zirndorfer Bürger im Auge zu behalten und ohne Furcht vor Regressforderungen seitens des Bauträgers zu entscheiden“. Der hat längst mit dem Bau der Reihenhäuser begonnen und kann den Komplex wie geplant fertig stellen, so beschloss der Stadtrat.

Der Appell fruchtete offenbar. Die Verwaltung stellte die Stadträte nun vor die Frage, ob der Bebauungsplan in seiner bisherigen Form weiterverfolgt oder eine Bebauung mit Ein- und Zweifamilienhäusern entsprechend der Forderung der Anlieger angestrebt werden solle. So sahen sich die Stadträte vor die Wahl gestellt, auf den Punkthäusern zu beharren oder das städtische Bauamt zu beauftragen, eine Alternative für das künftige Gesicht des Baulandes zu entwickeln.

Unterstützung gesichert

Die Anlieger hatten sich zwischenzeitlich bei einer Unterschriftensammlung sogar Unterstützung aus anderen Stadtteilen Zirndorfs gesichert. 235 weitere Bürger stellten sich mit ihrem Namenszug hinter den Protest. Gepaart mit der Bitte, in Zukunft „bei ähnlichen Verfahren die Bürger und ihre Anliegen noch stärker miteinzubinden“, übergab die Interessengemeinschaft die Listen dem Stadtrat.

„Dieser Konflikt ist nicht nur ein Problem der Zirndorfer, die an der Alten Veste leben“, erläutert das Ehepaar Matthey. Jedem Grundstücksbesitzer könne es passieren, dass die Stadt eine Baulücke nebenan beplane, wie sie wolle, dabei Großprojekte von Bauträgern gegenüber Eigenheimen bevorzuge und der Nachbarschaft eine massiv verdichtende Architektur vor die Nase setze, deren Äußeres keine Rücksicht auf die gewachsene Baustruktur im Umfeld nehme.

Letzteres ist eines der Hauptargumente, die die Kritiker der Punkthäuser in die Waagschale werfen. Schließlich, so heißt es in den aktuellen Einwendungen der Interessengemeinschaft, stünden die bisherigen Pläne im krassen Widerspruch zu einer Kernaussage des Stadtentwicklungskonzeptes: „Die weitere Siedlungsentwicklung soll sich an den bisherigen Strukturen orientieren.

Die einzelnen Ortsteile sollen ihren jeweiligen Charakter bewahren“, heißt es in dem Leitbild, das die Kommune in einem aufwendigen Prozess und an Runden Tischen mit den Bürgern erarbeitet hat.

Bei der Abstimmung im Stadtrat zeigten sich die Fraktionen alles andere als geschlossen. Befürworter und Kritiker fanden sich über alle Parteigrenzen hinweg. Als vehementer Fürsprecher der Punkthäuser offenbarte sich Bürgermeister Gert Kohl (SPD): „Ich wehre mich gegen die Assoziation, Punkthäuser sind Wohnsilos und die wiederum sind mit einer Trabantenstadt gleichzusetzen.“ Andernorts fänden sich genügend Beispiele, wie eine derartige Architektur das Stadtbild bereichere.

Und auch der Mehraufwand für die Verwaltung, den eine weitere Planung nach sich ziehe, werde immer „recht lax“ gesehen, meinte er. In seiner Funktion als Rathauschef müsse er jedoch darauf achten, „dass keine Kosten produziert werden, die es nicht braucht“. Die grünen Stadträte Kerstin Führes und Wolfram Schaa allerdings zeigten sich einig und konsequent: Die Alternativplanung hatten sie bereits in der vorangegangenen Sitzung beantragt — und waren gescheitert.