Politikerin warnt vor rechten Netzwerken bei Militär und Polizei

13.2.2020, 06:00 Uhr
Politikerin warnt vor rechten Netzwerken bei Militär und Polizei

© Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Das Thema treibt Martina Renner um, etwa 50 Mal im Jahr spricht die Erfurter Bundestagsabgeordnete der Linkspartei in ganz Deutschland vor Zuhörern über rechte Netzwerken in Sicherheitsbehörden. Diesmal sind rund 60 Menschen gekommen, das Samocca-Café ist gut gefüllt. Nach Fürth geholt haben die Politikerin das Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus sowie der Kurt-Eisner-Verein.

Renner spricht von jenen Gruppen, die etwa den NSU unterstützt haben. Von Menschen wie dem Bundeswehrsoldaten Franco A., der sich als Asylbewerber ausgab. Wegen Terrorverdachts wird er sich vor Gericht verantworten müssen. Im November wurde die Anklage wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zugelassen. Ihm wird vorgeworfen, einen Anschlag geplant zu haben; den Verdacht habe er auf Flüchtlinge lenken wollen.

Für Renner ist klar, dass Franco A. kein Einzelfall ist. Sie hält die Existenz rechter Netzwerke in Bundeswehr, Polizei und Verfassungsschutz für erwiesen und hat dafür seit Jahren Material gesammelt. Sie erzählt vom ehemaligen SEK-Polizisten Marco G. aus Mecklenburg-Vorpommern, der bei Schießübungen 50 000 Schuss Munition beiseitegeschafft haben soll. Er gehörte der rechtsextremen Chatgruppe namens "Nordkreuz" an.

Zu Nordkreuz, so Renner, gehören Polizisten, Bundesreservisten, auch bürgerliche Etablierte wie Handwerker und Anwälte – Männer mittleren Alters, die vormals nicht rechtsradikal aufgefallen waren. Im Umfeld von Nordkreuz wurden Todeslisten gefunden. Darauf stehen die Namen von Politikern oder Journalisten, die Rechtsextremen unangenehm aufgefallen sind und die am Tag X, wenn die Rechte die Macht im Staat übernimmt, exekutiert werden sollen. Renner: "Die haben bereits Leichensäcke und Ätzkalk bestellt."

Jüngst forderte der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, schärfere Strafen für die Veröffentlichung sogenannter Feindeslisten: "Wer Listen vermeintlicher ‚politischer Gegner‘ veröffentlicht – verbunden mit Drohungen wie ‚Wir kriegen Euch alle‘ – der tut dies mit dem Ziel, Menschen einzuschüchtern und Angst zu verbreiten", so Münch.

Renner kritisiert vor allem, dass Ermittlungen in diesem Bereich zögerlich vonstatten gingen: "Da gehen Schutzwände hoch. Ich finde, man müsste da genau andersherum denken und intensiv ermitteln und die Gesellschaft schützen."

Bereit für den Kampf

Im Zentrum ihrer Recherchen steht der Verein Uniter, der offiziell als Netzwerk für (ehemalige) Elitesoldaten fungiert. Doch der Verein und sein Mitgründer André S., so Renner, seien in Verruf geraten. Der Hauptfeldwebel gehörte dem Kommando Spezialkräfte (KSK) an. Unter dem Benutzernamen Hannibal habe er online ein Netzwerk koordiniert, das im Zuge von Terrorermittlungen gegen Bundeswehrsoldaten entdeckt worden sei.

An den von Uniter organisierten Veranstaltungen – Gewaltmärsche, Schießtraining, Nahkampfkurse – hätten häufig Männer teilgenommen, die nun des Rechtsterrorismus verdächtig werden. Inzwischen haben viele Unterstützer sich offiziell abgewandt. In Verlautbarungen spricht Uniter nicht mehr vom nahenden Kampf um die Macht, für den man bereit sein muss, sondern von Netzwerken und Charity.

Mit der Forderung nach intensiven Untersuchungen, ob bei Bundeswehr und Polizei rechtsradikal organisierte Strukturen existieren, steht die Linken-Politikerin nicht allein. Jüngst erst wurden Verbindungen aufgedeckt, etwa zum rechten Netzwerk "Combat 18", das den NSU unterstützt haben soll und mit dem mutmaßlichen Mörder des Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke in Kontakt stand. Immer wieder fordern auch führende Vertreter des Bunds deutscher Kriminalbeamter oder der Gewerkschaft der Polizei ein härteres Durchgreifen gegen rechtsradikale Polizisten.

Für Renner stehen die Aufklärungsbemühungen erst am Anfang. Sie sagt: "Es gibt eine männerbündische, waffentragende rechtsradikale Elite in Militär und Polizei."

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