"Raw & Polished": In der Tanzzentrale regiert Ausdrucksstärke

14.2.2020, 12:14 Uhr

© Lukas Aue / Tanzzentrale

"Raw & Polished" ist eine Präsentations-Plattform für Choreografen sowie Tänzerinnen und Tänzer, die hier ihre fertigen oder noch im Entstehen begriffenen Werke zeigen können. So verschieden sie sind, so steht doch bei allen – und bei der sechsten Auflage der 2018 gestarteten Reihe – die Frage im Raum, wie es um das Herz bestellt ist, wohin es den Menschen zieht und wovor es sich fürchtet.

So geht es in Nene Okadas Beitrag "A swan melted into snow" um die Schönheit und den Sinn des Lebens angesichts seiner Vergänglichkeit. In "Volver" – das spanische Wort bedeutet umkehren, zurückkehren – bewegt sich Dakota Conín unablässig auf der selben Diagonale der Bühne vor und zurück, schnell, langsam, sich beugend, triumphierend, herabsackend, verrenkt, bis es einen beinahe voyeuristischen Charakter annimmt, ihr zuzusehen.

"Ein Herz wie das eines Falken"

"I could leave" nennt Luzi Madrid Villanueva ihr Solo, in dem sie auslotet, wie sich der Mensch und sein Herz zwischen Nähe und Distanz verorten lassen, zwischen sich Einlassen und sich Schützen. Dabei ist die Tänzerin überall, in ständiger Bewegung, am Boden, in der Luft, an allen Orten der Bühne, wiederholt wie vom Blitz getroffen fallend und fast ohne eigenes Zutun, so scheint es, auferweckt, zuckend, als wolle sie erst etwas von ihrer Hand wegschütteln, dann die Hand selbst und zuletzt den ganzen Arm.

Annika Hofgesang lässt in ihrer Choreografie die drei Tänzerinnen So Yeon Shin, Laura Lehmann und Daae Lee ihre "Spieglein, Spieglein in der Hand" tragen und sich mit ihren eigenen Spiegel-Bildern auseinandersetzen, ehe sie die Reflexionen verlassen und sich im Raum treffen, miteinander agieren, Schmerz, Angst, Zufriedenheit, Lust und Ablehnung erfahrend.

"Womit vergleiche ich mein Herz?" In der Tanzzentrale sind es wilde, verängstigte, liebende, erschreckende und im Spiegel des anderen reflektierte Herzen, die in den Bewegungen der Tänzerinnen sichtbar werden. "Ein Herz wie das eines Falken", heißt es in dem japanischen Gedicht weiter, und in "Teru’s Song" vermittelt Hinako Taira die Ruhe und Klarheit, die in dem Text ausgedrückt werden, nicht weniger ausdrucksstark als die anderen Künstler, aber mit einer Eleganz und einer Schönheit der Bewegung, die sie an diesem Abend von den anderen Beiträgen abhebt.

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