Schattenseiten des Fürther Immobilienbooms

29.5.2017, 06:00 Uhr
Werden in Fürth zu viele Eigentumswohnungen gebaut? Auch das Fürther Sozialforum hat das bei einer Protestaktion schon moniert.

© Foto: Hans-Joachim Winckler Werden in Fürth zu viele Eigentumswohnungen gebaut? Auch das Fürther Sozialforum hat das bei einer Protestaktion schon moniert.

"Eigentumswohnanlagen von Großinvestoren sprießen in Fürth wie Pilze aus dem Boden", sagt Klaus Hunneshagen und erklärt das unter anderem mit der großen Rentabilität dieser Immobilien. "Neue Mietwohnungen werden dagegen nicht in gleichem Maße gebaut." Das sei aber für einen gesunden Bevölkerungsmix und einen gepflegten Immobilienbestand wichtig, erklärt der Direktor Flessa-Bank in Fürth, der ehrenamtlich im Aufsichtsrat einer Fürther Baugenossenschaft sitzt.

Denn: "Die Gefahr, dass eine Einigung, etwa auf eine Fassadenerneuerung, nicht klappt, ist bei einer Eigentümerversammlung viel größer als bei einem Eigentümer oder Vermieter", so Hunneshagen. Investitionsstaus seien eine mögliche Folge. Auch blickt er in die Zukunft: "Wenn der Erstbesatz wegzieht, etwa weil die Kinder ausgezogen sind und die Eigentumswohnung nun zu groß ist, ist die Gefahr einer Cliquenbildung und eine damit verbundene Wertminderung groß."

Eine solche Entwicklung könne zum Beispiel in der Nürnberger Südstadt beobachtet werden. Diese war – wie ihr Fürther Pendant – ursprünglich ein reines Arbeiterviertel. Doch während in der Noris die Wohnungen den Mietern zum Verkauf angeboten wurden und sich in der Folge viele Studenten-WGs etablierten, hätten die Fürther Baugenossenschaften in den Bestand investiert und so die Qualität hoch gehalten, sagt Hunneshagen.

Das Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung will nicht schwarz malen, sorgt sich aber um das Image insbesondere der Fürther Südstadt. Die Lösung sieht er in einer konsequenten Mischbebauung: Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentums- und Mietwohnungen und Gewerbe – all das sollte gut gemischt sein, um Ghettos zu vermeiden. Schon ist Hunneshagen bei der nächsten Fehlentwicklung, die er in seiner Heimat beobachtet: Der Umwidmung ehemaliger Gewerbeflächen in Wohnimmobilien, wie in Stadeln. Dabei fehlten Fürth Gewerbeflächen.

"Wenn unsere Firmen expandieren wollen, müssen sie gehen", klagt Hunneshagen. Hinzu kämen etliche zuzugswillige kleine und mittlere Unternehmen, deren Anfragen mitunter ebenfalls nicht bedient werden könnten. Raum für die Ansiedlung von Betrieben sieht der Wirtschaftsbeirat beispielsweise in Fürberg, wo ein "Gewerberiegel" die nötige Abschottung zu einem verworfenen neuen Wohngebiet hätte bringen können.

Für unproblematisch hält Hunneshagen die unmittelbare Nachbarschaft von Anwohnern und Gewerbe, sofern es sich dabei nicht gerade um Speditionen oder lautstarke Produktionsbetriebe handle. Das Thema Wohnen ist für ihn immer auch ein Wirtschaftsthema: "Nur wenn ich ordentlichen Wohnraum schaffe, werde ich auch gute Mitarbeiter anziehen."

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