Schicksalhafte Verkettungen bis in die Unendlichkeit

28.7.2017, 17:37 Uhr
Schicksalhafte Verkettungen bis in die Unendlichkeit

© Foto: Rempe

Sie ist hüben, er drüben. Eine Wand und ein paar wenige Schritte über den Hof trennen die Werke des Malers und Zeichners Janusz Karbowniczka von denen seiner Kollegin und Partnerin Elzbieta Kuraj. Die Aufteilung, für die sich Gastgeberin Barbara Kreß entschied, ist so klug und überlegt, wie die ganze Schau im stimmungsvollen Ambiente der ehemaligen Mühle von Buchschwabach.

Im Titel trennt ein Schrägstrich die beiden prinzipiellen Kontrahenten, was den Eindruck erweckt, als könnten sich "Harmonie/Dissonanz" nicht auf ein verbindliches "und" in ihrer Mitte einigen. Doch wo wäre der eine ohne den anderen? Lässt sich denn Harmonie überhaupt erfahren, solange das Wissen um Dissonanz nicht irgendwo im Hintergrund lauert? Und wird Dissonanz nicht erst zur treibenden Kraft, weil ihr Kontrapart als Ziel wünschenswert scheint?

Der ewige Gegensatz spiegelt sich in den Bildern, die die beiden Künstler vorstellen. Da ist etwa Kurajs beinahe quadratische Arbeit "Leuchtend" in Öl und Acryl. Sie hat die Fläche, die ihr zur Verfügung steht, durch einen Kreis definiert. Damit hat sie den Rahmen gefunden für ein Drinnen und Draußen, ein Dazugehören und ein Ausgestoßenwerden. Ein strahlender Orange-Ton deutet das Thema an – doch auch er kann nur wirklich leuchten, weil sich an seiner Seite das Dunkel zu erkennen gibt.

Bleistift-Schemen

Elzbieta Kuraj lässt den Menschen außen vor, erst als Betrachter tritt er in Beziehung zu ihren Bildern. Die Antithese zu dieser Sicht stellt Janusz Karbowniczek vor. Kopflastig ist, was er zeigt. Ob als Schemen, als Silhouette oder Profil – irgendein Schädel lässt sich bei ihm eigentlich immer ausmachen. Keine Porträts freilich, beileibe nicht. Es sind Jedermann-Ansichten, die auf diese Weise Allgemeingültigkeit gewinnen. "Irgendwer" hat der Zeichner und Maler zum Beispiel ein Bleistift-Tempera-Antlitz getauft, das in unterschiedlichen Ausformungen auftaucht.

Dominant nimmt das Menschenwesen als gewaltiges Kopfstück ohne Persönlichkeit die Bildfläche ein. Sein Schöpfer, so scheint es, hat auf jeden individuellen Ausdruck verzichtet. Aber warum weckt dieses Un-Gesicht dann so instinktiv Gefühle der Ablehnung und Beklemmung? Janusz Karbowniczek greift offenbar tief in das Gedächtnis seiner Betrachter ein, weckt Erinnerungen und alte Ängste, die er weiterspinnt bis zu einem Punkt, der im besten Fall Erlösung von verheerenden Schrecken verspricht.

Zum Hintergrund dieser rundum sehenswerten Ausstellung gehört nicht zuletzt ihr Werdegang: Ermöglicht wurde sie durch die Zusammenarbeit des Zentrums für Jüdische Kultur in Krakau mit der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim/Auschwitz und der Galerie Destillarta von Barbara und Martin Kreß. Tatkräftige Unterstützung kam von Silvie Preußer vom Amt für Internationale Beziehungen der Stadt Nürnberg.

Fern vom Üblichen gestaltete sich auch die Vernissage, die statt der sattsam bekannten Dramaturgie aus Reden und Einführungen in die Werke auf Musik setzte. Drei Musiker von den "Acoustic Acrobats" aus Krakau begleiteten an Klarinette, Akkordeon und Geige die Gäste mit improvisierten Impressionen von Bild zu Bild. Ein ebenso vielsagender wie inspirierender Weg zum Verständnis der unauflöslichen Beziehung, die Harmonie und Dissonanz bis ins Unendliche aneinander kettet.

Z"Harmonie/Dissonanz": Galerie Destillarta, (Mühlbachweg 12, Buchschwabach). Freitags, samstags und sonntags, jeweils 10-17 Uhr. Bis 27. August.

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