Schilderwald aus Fürth

4.5.2014, 21:00 Uhr
Schilderwald aus Fürth

© Hans-Joachim Winckler

Willkommen im Schreckenskabinett der Warnschilder: Wie übersetzt man „Vorsicht an der Bahnsteigkante!“ in eine anschauliche Grafik? Die Experten von Franken Plastik haben es so gelöst: Links naht eine knallrote Lokomotive vor gelbem Hintergrund, rechts kippt eine schwarze Figur hintüber und taumelt in einem rot-gelb schraffierten Sektor. Aha, die Zugluft reißt den Mann mit, darum: Abstand halten!

Aber auch auf offener Straße ist man vor Ungemach nicht sicher. „Vorsicht Dachlawinen“ heißt es rot umrandet, ein anderes Schild warnt gar „Achtung! Kreuzende Abwasserleitung“. Der gefährlichste Sektor von allen ist jedoch so gekennzeichnet: weißes P auf blauem Grund — für Parkplatz – und daneben steht „Geschäftsleitung“. Wehe dem, der den Stellplatz des Chefs zuparkt!

All diese Schilder stellt die Firma Franken Plastik in der Fürther Südstadt her. 1957 gegründet, ist sie mit 45 Mitarbeitern ein typischer traditioneller Mittelstandsbetrieb. Mit etwa 300 weiteren seiner Art bildet der Betrieb das „Rückgrat der Fürther Wirtschaft“, wie Oberbürgermeister Thomas Jung bei seinem Firmenbesuch anmerkt.

Doch Warnschilder sind nicht alles, was in Fürther Produktion entsteht. Die meisten Schilder kleben eher unbemerkt an der Hauswand und sind nur für Eingeweihte lesbar. Zum Beispiel der Hinweis auf den Unterflurhydranten: Der Zugang zum Löschwasser ist im Boden eingelassen. Aber wo genau? Otto Normalverbraucher sieht nur ein T, rechts davon eine Zahl etwa 2,1, und unten eine zweite Zahl, vielleicht 3,5. Der Feuerwehrmann aber sieht dies und weiß: 2,1 Meter von diesem Punkt nach rechts gehen und 3,6 Meter nach hinten, da liegt der Hydrant.

Solche Schilder aus hochwertigem Kunststoff müssen haltbar sein, gefeit vor Wind und Wetter. „Die Garantie liegt bei 15 Jahren, aber wir haben auch Schilder in der Natur gefunden, die noch nach 30 Jahren absolut lesbar waren“, sagt Geschäftsleiter Stefan Klages stolz.

Hitze- und säurebeständig

Klar, dass Stadtwerke, Wasserwerke und die Industrie die ersten Abnehmer sind. Fürth Plastik beliefert Gemeinden in sämtlichen deutschen Bundesländern, dazu in Benelux, und will sich auch nach Osteuropa ausdehnen. „Zu unseren Exoten gehören Australien und der Mittlere Osten“, erzählt Klages und zeigt ein Standardschild mit arabischen Schriftzeichen.

Bis zu 400 000 Standardschilder pro Jahr verlassen die Produktion, zusammen mit Pfosten und Montierplatte. Für die Kunden ist deren lange Lebensdauer natürlich wünschenswert. Doch gräbt man sich damit nicht selbst das Wasser ab und bleibt irgendwann auf den Schildern sitzen? Damit genau das nicht passiert, dringt Franken Plastik in die Chemie- und Industriebranche vor. Industrieschilder kennzeichnen per Zahlen- und Barcode sowie in bestimmten Farben die Flüssigkeiten oder Gase, die durch diverse Rohre verlaufen, ein Pfeil gibt zudem die Fließrichtung an. Selbstverständlich müssen diese Schilder beständig gegen Säuren, Laugen und Hitze sein, um im Falle eines Unfalls noch Hinweise zu geben.

Inzwischen hat die Firma sogar das flexible Schild erfunden. Ändert sich der Standort eines Gas- oder Wasseranschlusses, kann man Plättchen mit den entsprechenden Zahlen in Aussparungen des Schildes eindrücken. Außerdem experimentiert die Firma mit integrierten Chips, die dem Feuerwehrmann verraten, ob sich auf dem Haus etwa eine Solaranlage befindet, ob Gasflaschen im Hinterhof lagern und weitere Gefahrenquellen mehr. Und weil die Fürther Feuerwehr sich sehr aufgeschlossen beim Experimentieren zeigt, ist das Stefan Klages eine Spende von 1000 Euro wert.

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