Kritik

"Schwimmverein Lampedusa": Shitstorm wegen JU-Turnier mit Asylbewerbern

24.11.2019, 19:01 Uhr

© JU Zirndorf

Der Mann, der mit einem Teamnamen einen Sturm der Entrüstung entfacht hat, hat selbst einen recht durchschnittlichen Namen. Christoph Müller, Trainer und Betreuer beim International Football Club Zirndorf, 34 Jahre alt. Seit 2014 bringt er Anwohner aus Zirndorf mit Bewohnern des nahe gelegenen Ankerzentrums zusammen, um Fußball zu spielen. Zumindest versucht er das, denn außer ihm und einigen Verwandten und Bekannten stehen Woche für Woche vor allem Geflüchtete an der Biberthalle. Die Fluktuation bei den Asylbewerbern sei hoch, manche kämen nur zwei Wochen und seien dann wieder weg. Dafür träfen hier verschiedenste Ethnien aufeinander, die sich innerhalb des Ankerzentrums sonst aus dem Weg oder aufeinander los gingen, sagt er.

Zirndorf, früher hauptsächlich für sein Bier bekannt, ist spätestens seit 2018 regelmäßig in Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingspolitik in den Schlagzeilen. Damals wurde die dortige Zentrale Aufnahmeeinrichtung (ZAE) zum Ankerzentrum umgewidmet. Und damals entschloss sich auch Christoph Müller, einen Teamnamen umzuwidmen.

Die Bühne dafür war ein Fußballturnier, das die Junge Union (JU) in Zirndorf seit drei Jahren veranstaltet. Kleinfeld, Fünf gegen Fünf, Schäufele-Essen und Eis-Gutscheine als Preise. Müller wollte seine Mannschaft aus Geflüchteten 2018 nicht mehr unter dem Namen "Inter 1" oder "Inter 2" starten lassen, sondern eine kleine Spitze gegen die Flüchtlingspolitik setzen. Die Mannschaft hieß daher diesmal "AEK Ankerzentrum", auch "Turbine Asyltourismus" ging schon an den Start. Er habe bewusst "kontroverse" Namen gewählt, erzählt Müller am Telefon. Er sei kein Fan vom Konzept des Ankerzentrums, und ein Turnier, das von der JU organisiert wird, sei vielleicht keine schlechte Plattform, um eben diese JU und die übergeordnete CSU zum Nachdenken über ihre Flüchtlingspolitik zu bringen.

Tatsächlich diskutierte man bei der Zirndorfer JU, allerdings eher darüber, ob das denn so gehe mit den Namen, erzählt der aktuelle Vorsitzende Andreas Bechtloff. Aber man habe "ein gutes Verhältnis zu Christoph und seiner Truppe", sagt der 26-Jährige, er habe darauf vertraut, dass dieser die Teamnamen verantwortungsbewusst und in Absprache mit den Spielern auswählt.

Das ging eine Weile lang gut. Am Sonntag entdeckten nun allerdings Aktivisten die diesjährige Turnieraufstellung und posteten sie mit dem Account "Union-Watch" auf Twitter. In Gruppe B am Start: "Partisan Balkanroute" und "Team Mittelmeer Schwimmverein Lampedusa".

Andere User zeigten sich entrüstet, "hirnlos" ist noch eine der gemäßigteren Beleidigungen, die sich unter dem Post sammeln. "Es kam relativ schnell die Nazi-Keule", sagt JU-Vorsitzender Bechtloff, der den halben Sonntag damit beschäftigt war, auf Kommentare zu antworten. Auch Christoph Müller stieg in die Diskussion ein. Und ist um Klärung bemüht: "Wir haben bewusst kontroverse Namen gewählt", sagt der Flüchtlings-Coach, auf Englisch habe er versucht, den Spielern die Namen zu erklären. Mit mäßigem Erfolg. "Die wissen nicht, was die Balkanroute ist."

Es geht nur um Fußball

"Ich nehme das gerne auf meine Kappe", sagt der 34-Jährige. Er verstehe, dass man die Namen als geschmacklos empfinden könne, habe aber nur ein bisschen die JU kitzeln wollen. Die Geflüchteten habe das nur am Rande interessiert. "Denen geht es um Fußball."

Darf man das? Satire und politische Botschaften auf dem Rücken von Menschen verbreiten, die Leid erfahren haben und nicht einmal wirklich mitreden können? Müller wirkt ein wenig hilflos, wenn man ihn darauf anspricht. Und Bechtloff ringt um eine diplomatische Haltung. "Das ist ein heikles Thema. Natürlich geht es auch um Menschenleben." Und natürlich werde die Mannschaft der Geflüchteten da auch ein wenig instrumentalisiert. Er möchte aber niemandem eine böse Absicht unterstellen.

Bisher hat keiner der Beteiligten die Spieler selbst darauf angesprochen, welche Diskussion ihr Teamname ausgelöst hat. Auch die Redaktion konnte am Sonntag von den Geflüchteten keine Meinung einholen. Sowohl der International Football Club als auch die JU wollen mit dem Thema aber in Zukunft sensibler umgehen.

"Partisan Balkanroute" wurde beim Kleinfeld-Turnier in Zirndorf übrigens Dritter.

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