Spätherbstliche Brückenschläge

14.6.2002, 00:00 Uhr

Zur Erinnerung: Erste „Feinkost-Adam”-Arbeiten präsentierte die jüdische Künstlerin vor zwei Jahren im Berliner Centrum Judaicum. Die Werke, mitfinanziert durch die Jüdische Gemeinde und in die Öffentlichkeit gebracht erst nach Rücksprache mit örtlichen Rabbinern, die ihr Plazet gaben, regte seinerzeit niemanden negativ auf. Das änderte sich mit Station zwei: Fürth. Vier Wochen lang war „Feinkost Adam”, eröffnet am 6. März, eine Ausstellung wie viele. Ein Skandal war sie ab Karfreitag, als sich der Protest führender Repräsentanten nicht nur der regionalen jüdischen Institutionen gegen das Projekt erhob.

Bekannt sind die Vorwürfe, bekannt ist, was folgte. Antisemitismus und „Stürmer”-Stil sehen die Kritiker des Hauses in der Schau, während Adam sagt, sie wolle so genannte jüdische Stereotypen in den Köpfen der Nichtjuden humorvoll ad absurdum führen. Der Zwist gewann rasant an Vehemenz und Giftigkeit; ungelöst ist er bis heute. Inzwischen liegen Zahlen zu „Feinkost Adam” vor. Mehr als 7000 Besucher betrachteten die Ausstellung, eine, auf drei Monate betrachtet, sensationelle Zahl, bedenkt man, dass das Jüdische Museum in ruhigen Zeiten monatlich 1000 zahlende Gäste verzeichnet. Mehr als 150 Zeitungsartikel gab es, ferner 370 Besuchermeinungen im Gästebuch und in Leserbriefen.

„Ich bin froh, dass jetzt wieder etwas mehr Ruhe ist”, bekennt Museumsleiter Bernhard Purin. Mangelnde Sensibilität gegenüber den Emotionen der jüdischen Mitbürger wurde ihm nicht erst seit diesem turbulenten Frühjahr vorgeworfen. Doch dass er das Kapitel „Feinkost Adam” abwischt wie einen Fussel am Revers, wird sich schwerlich behaupten lassen im Angesicht der nahenden Vorhaben des Hauses. Der emotionale Impuls des „Feinkost”-Streits erwuchs fraglos aus der Grundsatzdebatte über die generelle konzeptionelle Ausrichtung des Museums. Trägerverein und wissenschaftlicher Beirat hatten mit Purin im Spätsommer 2001 einen mehrere Punkte umfassenden Katalog erarbeitet, der das gespannte Verhältnis zu den israelitischen Kultusgemeinden Fürths und Nürnbergs entkrampfen soll.

Konkret heißt das: Ab Herbst dieses Jahres sind Gesprächsrunden geplant, an denen laut Pressesprecherin Jutta Fleckenstein „Museumsmitarbeiter, Beirat, Vorstandschaft, Förderverein, externe Experten und alle, die Interesse an der Arbeit des Museums haben, in unterschiedlicher Intensität beteiligt werden sollen”. Des Weiteren wird das Museum im November die Ergebnisse eines Projektes vorstellen, das gemein sam mit dem Förderverein durchgeführt wird.

Gedenken an die Schoa

„Rundgang zu Orten der Verfolgung und des Gedenkens in Fürth” ist der Titel eines 24-Seiten-Heftes von Mitarbeiterin Monika Berthold-Hilpert; es beschreibt Orte, die mit der Verfolgung während der Schoa und mit dem Gedenken an die Schoa in Zusammenhang stehen. Außerdem sollen diese Orte - das Berolzheimerianum etwa gehört dazu - „in geeigneter Weise” (Fleckenstein) markiert werden, um sie so wieder ins Bewusstsein zu rufen.

Im Museum selbst soll darauf ebenfalls mit Infos und Fotos hingewiesen werden, um Museumsbesucher zu einem Rundgang durch die Stadt anzuregen. Mit dieser Inititative, sich verstärkt dem Thema Verfolgung im Nationalsozialismus zu widmen, greift das Museum einen Haupt-Angriffspunkt der Kultusgemeinden auf. Ob das der vielfach herbeigesehnte Brückenschlag zu den Kritikern des Hauses sein wird, namentlich zu den Repräsentanten der Fürther IKG, Haim Rubinsztein und Rabbi Netanel Wurmser, muss sich zeigen. Purin: „Das Konzept haben wir Rubinsztein vor zwei Monaten zukommen lassen.” Reaktionen bislang: keine. MATTHIAS BOLL

„Feinkost Adam”: Letzte Führungen (3 Euro) mit Anna Adam am Sonntag um 12.30 und 15 Uhr, die Führung um 11 Uhr ist bereits ausgebucht. Finissage am Sonntag, 17 Uhr: „Baderech. Unterwegs zwischen den Welten” mit Adam und Jalda Rebling. Eintritt frei.