Stadt zapft Klinik an

29.9.2010, 10:51 Uhr
Stadt zapft Klinik an

© Linke

Es geht um 600000 Euro im Jahr 2011 und 700000 Euro im Jahr darauf. Diese Summen soll das Klinikum der Stadt zahlen und zwar als eine Art Pacht für die Nutzung von Grundstücken und Gebäuden. Für die Gewerkschaft ver.di und die Personalvertreter am Krankenhaus ist klar: Die Stadt will ihren Haushalt auf Kosten des Klinikums konsolidieren.

Für „moralisch verwerflich“ hält dieses Ansinnen Personalrat Kamran Salimi. Er verweist darauf, dass die Beschäftigten des Klinikums in den vergangenen Jahren durch einen Gehaltsverzicht ihren Beitrag zur Sanierung der Krankenhausfinanzen geleistet haben (wir berichteten mehrfach). Genau genommen waren es drei Prozent des Gehalts, was im sogenannten Zukunftssicherungsvertrag (Zusi) festgelegt worden war. Im Durchschnitt habe damit jeder Beschäftigte auf 4500 Euro verzichtet, rechnet Salimi vor. Das vorgegebene Ziel sei erreicht worden: Zuletzt schrieb das Krankenhaus schwarze Zahlen, der Zusi – und damit der Gehaltsverzicht – ist inzwischen ausgelaufen.

Doch dass die Stadt nun – im Jahr eins nach Zusi, wie Salimi sagt – erneut die Hand aufhält, kann und will er nicht verstehen. Salimi und seine Personalratskollegin Irene Drubel fürchten, dass die „Pacht“ das Krankenhaus wieder in die roten Zahlen treibt. Die möglichen Folgen: die Beschäftigten müssen erneut bluten, Stellen werden gestrichen.

Was hat es mit der Pacht genau auf sich? Nach Auskunft der städtischen Finanzreferentin Stefanie Ammon ist der Hintergrund wesentlich komplexer, als man vermutet. Aktuell komme die Stadt Fürth in ihrem Kernhaushalt für Teile des Schuldendiensts des Klinikums auf. Das heißt: Für jene Kosten der Neubauten am Krankenhaus, die der Freistaat als nicht förderfähig ansieht, berappt die Kommune Zins, Tilgung und Abschreibungen im Rahmen des sogenannten Sondervermögens.

Dieser Posten soll nun an das Tochterunternehmen Klinikum geschoben werden. Weil es, so Ammon, betriebswirtschaftlich sinnvoller und obendrein transparenter wäre.

Am Limit

Da diese finanztechnische Umstrukturierung Zeit braucht und erst 2013 greifen wird, soll das Klinikum jetzt schon in Form der besagten Pacht bezahlen, um zumindest einen Teil der Verluste im Sondervermögen auszugleichen. Dass diese Regelung die Finanzen des Klinikums – auch langfristig belasten wird – ist Ammon klar. Allerdings sei die Stadt mit dem, was sie finanziell fürs Krankenhaus leisten könne, am Limit.

2,1 Millionen Euro Krankenhausumlage zahle die Kommune jedes Jahr, außerdem 850000 Euro Beamtenpensionen für ehemalige Chefärzte, nicht zuletzt beteilige man sich an den Baukosten für das neue Klinikumsgebäude. Bei der neuen Frauenklinik, die Ende des Monats bezogen wird, seien das beispielsweise 1,3 Millionen Euro. Alles in allem Geld, das der Stadt an allen Ecken und Enden fehlt. Da könne das Krankenhaus, so Ammon, doch wenigstens das Sondervermögen zurücknehmen.

Ein „bisschen zwischen den Stühlen“ sitzt Klinik-Vorstand Peter Krappmann. Er habe Verständnis für den Ärger der Mitarbeiter, die schon im Rahmen des Zusi Einschnitte hinnehmen mussten. Zudem sei das Sondervermögen eine Belastung, von der er nicht wisse, ob sein Haus sie Jahr für Jahr stemmen könne. „Als Vorstand ist es natürlich mein Interesse, dass der Handlungsspielraum des Klinikums erhalten bleibt“, sagt er.

Andererseits sei auch dem Krankenhaus nicht gedient, sollten die Stadtfinanzen schlimmstenfalls – auch durch die Verluste der Klinik – unter die Zwangsverwaltung der Regierung von Mittelfranken fallen. „Wir müssen uns auch als Konzern Stadt sehen, dem es insgesamt gut gehen muss“, sagt er und fügt hinzu: „Ich hoffe, wir finden dahingehend eine Lösung.“ Wie diese aussehen könnte, weiß er allerdings noch nicht. Heute wird sich der Stadtrat mit dem Thema auseinandersetzen.

 

Mehr zum Thema Sparpaket und zur geplanten Erhöhung der Gewerbesteuer in der Printausgabe der FN vom heutigen Mittwoch.