Strategien gegen die Furcht

16.6.2012, 16:00 Uhr
Strategien gegen die Furcht

© dpa

Skelette, Vampire, ein Werwolf und Spinnen: Die „Horror World“ von Angelika Distel hat sämtliche Protagonisten vereint, die es zum Gruseln braucht. Seit 28 Jahren steht die Geisterbahn, die die Schaustellerin gemeinsam mit ihrem Mann betreibt, auf Kirchweihen und Volksfesten. 2011 hatte sie ihren Standort auch auf der Fürther Kärwa. Aber Eltern, die sich beschweren, weil ihre Kinder Angst haben? „Nein“, sagt Angelika Distel. „Das kennen wir so nicht.“

Meistens seien die Kinder guter Dinge, wenn sie mit ihrem Wägelchen ins Ziel einlaufen. Ist der Nachwuchs noch recht klein, also drei oder vier, würden fast immer die Eltern mitfahren. Sie dürfen auch entscheiden, ob sie ihrem Kind die Fahrt durch das Gruselkabinett zumuten möchten. Familie Distel macht keine Vorgaben, ab welchem Alter das Fahrgeschäft erlaubt ist.

Als besonders gruselig schätzt Distel weder ihre „Horror World“ ein noch die Geisterbahn ihres Kollegen, der nun die Anzeige erhielt. Extrem schaurige Figuren biete der Hersteller gar nicht an. „Der möchte ja keine Probleme kriegen.“

Die will freilich auch der Marktmeister nicht, der die Fürther Kärwa organisiert. Deshalb prüft Thomas Oberndorfer nicht nur sämtliche Bewerbungen der Fahrgeschäfte für den Rummel intensiv; manchmal machen sich er und seine Kollegen sogar zu einem nahe gelegenen Volksfest auf, um die Betriebe vor Ort auf Herz und Nieren zu prüfen. Beschwerden wegen der Geisterbahn hat er noch keine vernommen.

Dass dieses Fahrgeschäft mit seiner gruseligen Fassade und den unheimlichen Geräuschen jedoch genau neben einem Kinderkarussell aufgebaut wird, wie das in Neustadt/Aisch der Fall war: in Fürth undenkbar. „Weil wir eine Straßenkirchweih sind, haben wir sowieso nur begrenzte Möglichkeiten, was den Standort größerer Fahrgeschäfte angeht“, erklärt Oberndorfer. Deshalb kämen sich Sanftes und Heftigeres nicht in die Quere.  

Anzeige hilft dem Kind nicht

Für Birgit Schönknecht ist nicht ausschlaggebend, wo die Geisterbahn steht. Die Sozialpädagogin, die bei der Kinder- und Jugendhilfe der Fürther Kinderarche arbeitet und dort unter anderem auch Kurse für den Umgang mit Kindern und Medien anbietet, sieht vielmehr die Reaktion des Vaters kritisch. „Nein“, sagt sie, „nachvollziehen kann ich die Anzeige nicht.“ Schließlich helfe sie dem verängstigten Sohn kein bisschen. Vielmehr seien die Eltern als Ansprechpartner gefordert. „Wenn ich merke, dass sich mein Kind vor dem fürchtet, was es erlebt hat, muss ich darauf eingehen“, rät sie. Ist der Nachwuchs noch sehr klein, könne man gewisse Themen mit Hilfe von Bilderbüchern oder Rollenspielen aufarbeiten.

Mit den Sprösslingen im Gespräch zu bleiben, rät Schönknecht auch in anderen Lebenslagen. Bei grauenvollen Bildern beispielsweise, die man im Fernsehen kaum noch umgehen kann. „Wir sollten uns damit beschäftigen, was unsere Kinder beschäftigt.“

Eine Empfehlung, mit welchem Alter Kinder in die Geisterbahn gehen dürfen, kann sie nicht geben. Auch dies sei eine Entscheidung der Eltern. „Sie kennen ihr Kind am besten und sollten wissen, wann es dafür reif genug ist.“ Die Reaktionen der Kleinen auf Monster oder Vampire fallen nach ihrer Erfahrung ja auch völlig unterschiedlich aus. „Während es ein Kind schon beim Märchenbuch schaudert, verarbeiten andere schlimme Fernsehbilder völlig problemlos.“

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