Stress unterm Vogelhäuschen

16.11.2018, 11:00 Uhr
Stress unterm Vogelhäuschen

© Foto: Boris Roessler/dpa

Erika Hofmann liebt die Natur. Rücksichtnahme auf und Achtung vor Fauna und Flora sind für sie selbstverständlich: "Ich bin so erzogen worden." Schon von klein auf galt ihre besondere Aufmerksamkeit den Vögeln, "weil bei uns in der Familie alle schon immer gefüttert haben".

In Oberasbach tut sie das seit 1998 an ihrem Haus — zunächst im Garten. Die gefiederten Gäste, insbesondere Stare, schätzten das reichhaltige Futterangebot. Zeitweise zählte Erika Hofmann über 100 Vögel — mit entsprechender Geräuschkulisse. Eine Belastung für die Nachbarn, wie sie selbst einräumt: "Das Geschrei der Jungstare ist schrecklich, das kann man den Leuten nicht zumuten."

Erika Hofmann kostet die Fütterei, wie sie sagt, monatlich bis zu 150 Euro. Kein Thema, denn die Vögel sind ihr wichtig, sehr wichtig. Sie machte sich deshalb auf die Suche nach einer Lösung, sprach vor sechs Jahren bei Bürgermeisterin Birgit Huber vor. Daraus resultierte die Erlaubnis, die Vögel in dem an ihrem Haus angrenzenden Grünstreifen zu füttern. Demnach durfte sie, wie es in einem Schreiben der Stadt aus einer inzwischen wechselseitig recht umfangreichen Korrespondenz heißt, "einige wenige Vogelhäuser" aufhängen.

Beschwerden der Nachbarn

Aber: An dieses "Agreement", so nennt es Birgit Huber, habe sich Erika Hofmann nicht gehalten. "Mehrere und wiederholte" Beschwerden von Nachbarn seien seit 2012 im Rathaus gelandet. Telefonate und Briefwechsel mit der Vogel-Freundin brachten keine Lösung. Im August forderte die Bürgermeisterin Erika Hofmann deshalb schriftlich auf, "das Ausbringen von Vogelfutter auf öffentlichen Grundstücken sofort zu unterlassen".

Eventuell noch vorhandene Futterreste sollte sie beseitigen. Außerdem kündigte die Stadt an, dass man über eine Ordnungswidrigkeit entscheide. Erika Hofmann holte sich daraufhin Rat bei einer Tierärztin, einem Ornithologen und der Gewerkschaft für Tiere, letztere firmiert als eingetragener Verein in München.

In einem Schreiben an die Stadt verwies sie auf den heißen Sommer und die Nahrungsnot der Vögel — vergebens. Am 17. September dieses Jahres sprach das Bauamt ein Fütterungsverbot aus und listete Erika Hofmann schriftlich auf, weshalb: Bei Ortsterminen seien nicht nur Meisenknödel an und unter den Bäumen, sondern auch Futterstellen am Boden festgestellt worden. Dort bedienten sich, so die Beobachtung, "eine große Anzahl von Tauben", die wiederum ihren Kot auf der Erde hinterließen.

Beides verstößt laut Kommune gegen die städtische Grünanlagensatzung, die sowohl die Verunreinigung als auch das Füttern von Tauben untersagt. Zudem befürchtet die Verwaltung, dass die auf dem Boden liegenden Haferflocken, Rosinen und getrockneten Futtermaden, neben den Tauben, Ungeziefer wie Mäuse oder Ratten anlocken könnten.

Erika Hofmann sieht das anders: Ja, sie habe auf der Erde füttern müssen, gibt sie zu. Aber nur, weil ihr mehrere Male die Futterhäuschen gestohlen wurden und deren Inhalt verstreut worden sei. Die Stellen am Boden — laut Bauamt mehrere, bis zu acht Quadratmeter große Flächen — seien zudem nicht so riesig, wie es der Stadt vorliegende Fotos erscheinen ließen. Diese, glaubt Erika Hofmann, seien mit einem Weitwinkelobjektiv gemacht worden, "das sieht schlimm aus".

Kottüten eingesammelt

Ihrer Aussage nach habe es sich nur "um ein paar Sonnenblumenschalen" gehandelt. Sie habe extra ungeschälte Kerne verfüttert, die würden Tauben nicht picken. Und wenn Futter, etwa auch Nüsse, aus den Häuschen nach unten fielen, würde das von Igeln gefressen. Ratten hat sie in der Anlage, die sie zudem nach eigenen Angaben seit Jahren gemeinsam mit ihrem Mann von Laub, herabfallenden Ästen, Hundekottüten und anderem Unrat befreit, noch nie gesehen.

Die Stadt steht freilich hier auf dem Standpunkt — auch das bekam Erika Hofmann schriftlich —, "dass der von ihnen beschriebene Sachverhalt bzw. Zustand nicht den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort entspricht". In der Folge hängten Mitarbeiter des Bauhofs die Vogelhäuschen ab und legten sie Erika Hofmann vor die Tür.

Jüngst in der Bürgersprechstunde hat Erika Hofmann ihr Anliegen noch einmal formuliert und dabei auch die Frage gestellt, was denn eigentlich unter Verschmutzung einer Grünanlage zu verstehen sei. Danach ging der Briefverkehr munter weiter, auch Hofmanns Rechtsanwältin schaltete sich inzwischen ein.

Davon ließ sich die Stadt aber nicht beeindrucken. Sie setzte Erika Hofmann eine Frist bis zum 9. November, um Häuschen, Meisenknödel und Futterreste am Boden zu entfernen. Dem sei sie nachgekommen, sagt Erika Hofmann auf FN-Anfrage: "Seit zwei Wochen füttere ich dort nicht mehr." Sie versorgt die Vögel nun wieder in ihrem Garten. Ein Vorgehen, das auch die Bürgermeisterin begrüßt.

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