Südstadtvilla: Fürth geht juristisch aufs Ganze

15.4.2018, 10:00 Uhr
Südstadtvilla: Fürth geht juristisch aufs Ganze

© Hans-Joachim Winckler

Die Diskussion warf allerdings ein wenig schmeichelhaftes Licht auf die interne kommunale Verständigung. Wie mehrfach berichtet, hatte sich die hitzige Debatte um das parkähnliche Grundstück an der Ecke von Flößau- und Austraße samt einer Gründerzeitvilla aus dem Jahr 1884 gleich an zwei bedeutenden Fragen entzündet: dem Denkmal- und dem Naturschutz. Denn das Immobilienunternehmen "Bauhaus - Liebe und Partner" plante eine in den Augen etlicher Kritiker viel zu massive Bebauung des Areals mit Wohnblöcken.

Die Folgen: Zum einen würde die denkmalgeschützte Villa hinter den Neubauten verschwinden, zum anderen bliebe vom stattlichen Baumbestand auf dem Grundstück nur noch wenig übrig. Der Bauträger konnte sich damit freilich auf einen noch immer gültigen Bebauungsplan der Stadt aus dem Jahr 1964 berufen, der all das zulässt. Damals hatte es derlei Sensibilitäten noch kaum gegeben.

In der Offensive

Heute ist das ganz anders. Deshalb entschloss sich die Kommune, befeuert durch Proteste aus dem Natur- und Denkmalschutzlager, von empörten Anwohnern und schließlich auch von der einflussreichen Südstadt-SPD, in die Offensive zu gehen: Nur ein Gebäude wird entlang der Flößaustraße genehmigt, beschloss der Bauausschuss schon im Mai 2017. Die denkmalgeschützte Villa und die Bäume würden dadurch weitgehend geschont.

Eine Klage des Bauträgers dagegen war einkalkuliert – denn man wollte den Fall auch nutzen, um grundsätzlich zu sondieren: Können derart unzeitgemäße Bebauungspläne aktuell noch Bestand haben?

"Wir müssen es schaffen, die öffentlichen Belange als stärker darzustellen als die privaten", sagte der damalige Baureferent Joachim Krauße und versprach: "Die Bauverwaltung wird das mit Herzblut vertreten."

Blankes Unverständnis

Wie erwartet, klagte der Bauträger dagegen, das Gericht bat Firma und Stadt diesen März zur Mediation - zum Versuch, sich im gemeinsamen Gespräch zu einigen. Der Rechtsvertreter der Stadt kehrte daraus jedoch mit einem Vorschlag zurück, der bei Anwohnern wie Politikern für blankes Unverständnis sorgte.

Denn demnach würde nun doch ein - zwar etwas abgespecktes - zweites Mehrfamilienwohnhaus an der Austraße entstehen; mehr Bäume als erwünscht müssten fallen, die Villa wäre zu einer Art Rückgebäude degradiert. Genau das hatte man definitiv nicht gewollt.

Wort gegen Wort

Wie es dennoch zu diesem Ergebnis kommen konnte, darüber gehen die Meinungen auseinander. Es gebe, so der OB, ein klares Mandat des städtischen Ältestenrats, besetzt von SPD, CSU und Grünen, mit dieser Kompromissvariante in die Mediation zu gehen. So sei es auch im Protokoll der entsprechenden Zusammenkunft nachzulesen.

Unisono und reichlich verblüfft widersprachen Jung diese Woche in öffentlicher Sitzung der SPD-Fraktionschef Sepp Körbl und der Grüne Kamran Salimi: Daran könnten sie sich nicht erinnern, und das sei keineswegs in ihrem Sinn. Auch CSU-Sprecher Joachim Schmidt pochte auf das einhellige Votum des Bauausschusses vom Mai 2017.

Wort steht gegen Wort - die Reaktion der Kommunalpolitik indes fällt unzweideutig aus: Das Mediationsergebnis wird verworfen, es soll nur ein Gebäude auf dem Gelände entstehen. Damit sind die Fronten geklärt, das weitere juristische Procedere nimmt seinen Lauf – mit angesichts der Rechtslage wohl wenig rosigen Aussichten für die Stadt, wie Fachleute meinen.

Kostenrisiko: Mehrere Millionen

Eine "sehr, sehr lange und kräftezehrende Auseinandersetzung" prophezeit der städtische Jurist Thomas Vogel, der als Unterhändler Fürths an der Mediationsrunde beteiligt war. Der Ausgang sei "nicht vorherzusehen", das Verfahren berge aber ein "gewisses Kostenrisiko", etwa durch Schadenersatz. Deutlicher wurde der OB im Gespräch mit den FN: Die Stadtkasse könne eine Niederlage "einige Millionen kosten", sagt er.

In der Sitzung des Bauausschusses wirkte er deshalb angesichts der Zuspitzung nicht gerade glücklich. Von der eher kämpferischen Attitüde und der Zuversicht, die auch er noch vor Jahresfrist an den Tag gelegt hatte, war beim gelernten Juristen Jung kaum etwas zu spüren.

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