Tanzprojekt sorgt für Manieren

18.4.2011, 13:00 Uhr
Tanzprojekt sorgt für Manieren

© Horst Linke

Zeynep steht unruhig vor der Klasse 6b. Während die anderen Kinder entscheiden, ob sie schick genug für einen Gala–Abend ist, schaut das Mädchen unsicher auf den Boden. Sie hat sich extra ein neues Kleid gekauft. Die Kritik vor „versammelter Mannschaft“ fällt ihr immer noch schwer, obwohl sie mit ihrer Lehrerin Christine Edler-Jahn und dem Initiator des Projekts „Tanzende Klassenzimmer“, Sven Walker, jede Woche eine solche Situation probt.

Diesmal geht es um das Outfit für den Abschlussball am 12. Mai, zu dem auch die Eltern und Freunde der Schüler eingeladen sind. Sechs Wochen lang üben die Sechstklässler jeden Donnerstag die Choreographie für einen „Flashmob-Dance“ ein, der beim abschließenden Fest aufgeführt werden soll. Zu sehen ist diese Art von HipHop beispielsweise bei der Band Black Eyed Peas. „Standardtänze wie der Walzer kommen aber auch nicht zu kurz“, verspricht Walker.

Die wichtigere Aufgabe des Projekts ist allerdings, den Kindern Manieren, Benimmregeln und Anstand beizubringen. So erklärt Walker zuerst die wichtigsten Regeln im Umgang mit anderen Menschen — angefangen bei Tischmanieren über Körperhygiene bis hin zur richtigen Begrüßung. „Zum Beispiel duzen uns die Schüler oft“, sagt die Klassenlehrerin der 6c, Lucienne Mutschler. Sie brachte das „Tanzende Klassenzimmer“ nach Fürth. „Die Eltern leben das richtige Verhalten nicht vor, also kennen es die Kinder auch nicht“, beschreibt sie die Lage vieler ihrer Schützlinge.

Idee aus den USA

Dafür gibt es Sven Walker, der eigentlich bei der Tanzschule Dancemaxx in Nürnberg arbeitet. Seit Herbst 2010 ist er außerdem einmal pro Woche in den Klassenzimmern Mittelfrankens unterwegs. Die Idee, Benimm- und Tanzunterricht zu verknüpfen und an Schulen anzubieten, hat er aus den USA.

„Dort und in etlichen europäischen Ländern läuft das ,Tanzende Klassenzimmer‘ richtig gut“, sagt Walker. Er versuchte, auch in Deutschland ein solches Projekt zum Laufen zu bringen. „Am Ende waren die Sponsoren ausschlaggebend. Immerhin ist die Aktion für die Schulen in der Regel kostenlos“, sagt Walker.

Das Konzept geht auf. Während die Schüler sich auf ihre Choreographie konzentrieren, werden Koordination, körperliche Fitness und soziale Fähigkeiten ganz nebenbei trainiert. „Die Kinder helfen sich oft gegenseitig“, sagt Walker. Für besonders gute Leistungen gibt es dann „Knigge-Taler“, die auch während der anderen Unterrichtsstunden von den Lehrkräften vergeben werden können. „So behalten die Kinder ihr gutes Benehmen bei, wenn ich wieder weg bin“, sagt Walker.

Der Tanzsportlehrer versteht es aber auch, die Klasse ohne irgendwelche Auszeichnungen zu motivieren. Mit kleinen Anekdoten, einem ansteckenden Grinsen und viel guter Laune steht er vor den Schülern. „Herr Walker ist immer sehr lustig“, sagt Zeynep.

Ihr Kleid wurde übrigens abschließend für hübsch befunden und ist damit für den Abschlussball zugelassen. Den Tanztrainer stört nur das kleine Loch am Innenbein ihrer Leggins. Diesem Sven Walker fällt aber auch alles auf.