Tausend Jahre und das milde Leuchten des Ostersonntags

16.11.2007, 00:00 Uhr
Tausend Jahre und das milde Leuchten des Ostersonntags

© Thomas Scherer

Wobei die Crux am Gospelkonzert «Tausend Jahre wie ein Tag» in der Kirche «Unsere Liebe Frau» im Rahmen der Kirchenmusiktage weniger das Unbekannte, sondern vielmehr das hinlänglich Bekannte war. Der Löwenanteil des gut besuchten Abends bestand aus der Messe von Gregor Linßen, die dem Konzert seinen Namen gab.

«Tausend Jahre wie ein Tag» (was, wie Dirigent Dieter Neuhof erklärte, ob der Tausend im Titel in diesem Jahr geradezu gespielt werden musste) wurde dabei flankiert von dem, was landläufig unter dem Namen Gospel subsummiert wird; von «Jesus be a fence», einem Traditional, beispielsweise, bei dem gleich zu Beginn Philipp Lehmann zeigen durfte, was sein poppiger, sich wunderbar fügender Tenor alles so drauf hat. Oder auch das aus dem Film «Sister Act» bekannte «Joyful, Joyful», das Mezzo Heike Schneider mit Drive und schönem Ausdruck interpretierte, obwohl man bei diesem Stück leider immer die unerreichbare Lauryn Hill vor sich sieht.

Doch bekannt kam einem vor allem der Hauptteil des Abends vor, selbst wenn man Linßens Messe vorher noch nie gehört hatte. Begleitet von Schlagzeug, E-Gitarre, Bass, Piano und Saxofon, kämpfte sich die Mischung aus dem Chor der gastgebenden Stadtkirche und der Chorgemeinschaft St. Sebald (Fischbach/Altenfurt) durch viel Text und noch mehr Noten, die weder besonders aufregend noch sonderlich frisch waren. Die Lieder der Messe, die einen Bogen spannen sollen von Beginn der Schöpfung bis in die Gegenwart, erinnern einen leider immer wieder an längst Dagewesenes. Noch dazu brauchten beide Chöre eine gewisse Anlaufzeit, bis sie die erste Furcht vor der manchmal holprigen Rhythmik überwunden hatten. Doch nach vier, fünf Songs kamen sie in Fahrt, steigerten sich zusehends und zeigten am Ende, wie sich satter, starker Chorklang anhören kann.

Die dritte Solistin im Bunde, Sopranistin Christa Summerer, brachte mit ihrer enthusiastischen Stimme und dem ungewöhnlichsten Part des Abends, dem Credo-Rap, noch das meiste Feuer in das sonst etwas funkenarme Konzert. War mal was anderes. Am Ende artiger Applaus.

CHRISTINE STUBENVOLL

«Du immer mit deinen schrägen Klängen!» Weil sie den Satz schon so oft gehört hat, kennt Dekanatskantorin Sirka Schwartz-Uppendieck die prompte Antwort: «Das gehört halt auch dazu.» Drum gibt es zum Glück auch heuer ein Konzert der Kirchenmusiktage, in dem Neue Musik und Werke quicklebendiger Komponisten zum Zuge kommen.

«Schließlich sind die Kirchenmusiktage ja kein Festival für Alte Musik», ergänzt Uwe Strübing beim Gespräch in der Auferstehungskirche, SchwartzUppendiecks Heimspielstätte. Die Kantorin und Kirchenmusiktags-Leiterin: «Es ist uns ein Anliegen, mit den regionalen Komponisten in Kontakt zu sein und den Zeitgeist einzufangen.» Dank dieses Engagements der gebürtigen Hamburgerin - Kirchenmusikdirektorin Ingeborg Schilffarth ist nicht minder rege - hat Fürth der großen Nachbarstadt in den vergangenen Jahren längst den Rang als Zentrum der fränkischen Musica-Nova-Szene abgelaufen.

Strübing, im Hauptberuf Apotheker im Klinikum, hat 2007 das, was man einen Lauf nennt. Erst die wohlwollend aufgenommene Uraufführung seiner ersten Oper «Aus der Welt» im Frühjahr im Kulturforum, jetzt am Samstag ein weiteres, diesmal siebenminütiges Werk, das das Licht der Konzertwelt erblickt.

«Drei Tage» für Streichquartett, Orgel und Singstimme widmet sich wie die sechs anderen Kompositionen des Abends dem Thema Auferstehung, getreu dem Motto der 2007er-Festwochen: «Klingende Kirchennamen». Strübings Stück führt den Hörer auf Ostersonntag hin. Stille und Dumpfheit beherrschen den Karfreitag, am Karsamstag kommt ein hohes Orgelregister hinzu, am Sonntag wiederum erfüllt ein Klng, den der Komponist als «mildes Leuchten» charakterisiert, den Saal. Eine Vokalisen formende Engelsstimme ist im Einsatz, ferner das Elisen Quartett, Fürths Kulturförderpreisträger 2005.

Der Würzburger Volker Felgenhauer, in der hiesigen E-Musik-Szene ebenfalls kein Unbekannter, schuf sein mit der Opus 35 «Invokation» für Mezzosopran (Hanna Eittinger), Trompete (Simone Spaeth), Orgel (Schwartz-Uppendieck) und Schlagzeug (Axel Dinkelmeyer). «Ich interessiere mich», so der 42-Jährige, «für den Übergang vom Irdischen in eine feinstoffliche Ebene, wie sie sich in allen Religionen widerspiegelt. Ich versuche darzustellen, dass Auferstehung auf jede irdische Existenz bezogen ist. Die Klänge pendeln zwischen Verharren und Übergang in eine andere Welt».

Und was sagt die Chefin zu den Werken «ihrer» Komponisten? «Beide haben nicht nur das Sterben, sondern auch Erlösung, eine Ruhe, eine Schönheit des Nichtmehrsoseins musikalisch ganz klar hörbar gemacht. Genial!» Zur (Ur-)Aufführung gelangen außerdem Werke von Kurt Grahl - in seiner Kantate zum Osterfest singt der Jugendchor der Auferstehungskirche - , Grazia Salvatori, Thomas Ströbele, Heinrich Hartl und Vivienne Olive. MATTHIAS BOLL

Kompositionen zur Auferstehung: Auferstehungskirche im Stadtpark, Samstag, 19.30 Uhr. Karten: 12 (8) Euro an der Abendkasse.