Teure Andenken, die schaudern lassen

1.8.2014, 13:00 Uhr
Teure Andenken, die schaudern lassen

© Foto: Johannes Kronau

Es war ein besonderer Gottesdienst, den Gerhard Nemec hielt. Einerseits sollte es sein Abschlussgottesdienst in der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde auf Zypern sein. Dreieinhalb Monate war er dort als Auslandspfarrer eingesetzt. Andererseits fand der Gottesdienst an einem geschichtsträchtigen Tag statt: Am 28. Juni 1914 ermordet der Student Gavrilo Princip den Thronfolger von Österreich-Ungarn in Sarajewo. Jenes Ereignis, das als Auslöser des Ersten Weltkriegs gilt, jährte sich heuer zum hundertsten Mal. Es folgten vier Kriegsjahre, die auch in Veitsbronn ihre Spuren hinterließen.

„Diesen Jahrestag habe ich in meinem letzten Gottesdienst auf Zypern erwähnt“, berichtet Nemec. Nun, erst seit kurzem zurück in Veitsbronn, sieht er sich die Exponate an, die der Heimat- und Geschichtsverein gesammelt hat. „Mich erschüttert vor allem die Masseneuphorie, mit der die Leute in den Krieg gezogen sind“. Er deutet auf eine Postkarte, die Europa mit den damaligen Landesgrenzen zeigt. Darauf kann man lesen: „Auf Land und Meer, viel Feind – viel Ehr!“ Dass man umzingelt war von Feinden, tat der Begeisterung keinen Abbruch.

Marion Rauh ist besonders beeindruckt vom Brief eines Soldaten an seine Frau. Er fordert sie darin auf, „mehr als 15 Mark“ zu schicken. „Der Soldat wollte sich mit dem Geld tatsächlich Andenken an den Krieg kaufen“, staunt sie fast ungläubig. In einer Vitrine sind die Mitbringsel ausgestellt. Kaisertreu und patriotisch verzierte Teller und Krüge aus Porzellan waren direkt bei der Truppe zu erstehen. „Über den Zweiten Weltkrieg weiß man relativ viel. Vom Ersten hat man sonst nur wenig Greifbares“, findet Rauh.

Die Grauen eines Krieges hat Friedrich Haußmann noch selbst erlebt. Der 86-Jährige wurde 1944 mit 16 Jahren zur „Flugabwehrkanone“ eingezogen und musste Panzerfäuste werfen, als faktisch alles schon verloren war. Das war im Zweiten Weltkrieg. Trotzdem konnte Haußmann etliche Exponate zur Sonderausstellung beitragen. Zum Beispiel die Erkennungsmarke seines Vaters im 19. bayerischen Infanterieregiment.

Im Gespräch mit anderen Besuchern hat er viel zu erzählen, etwa zu den ausgestellten Waffentypen, die er teils selbst noch bedienen musste. Haußmann findet es wichtig, sich daran zu erinnern, was die Vorfahren mitgemacht haben. Doch: „Die Hoffnung, dass der Mensch daraus lernen kann, brauchen wir uns nicht zu machen“, gibt er sich pessimistisch.

Sehr zufrieden über die „große Resonanz“ zeigte sich Alfred Strunz, Vorsitzender des Veitsbronner Heimat- und Geschichtsvereins. Nicht nur der Aufruf, Gegenstände und Briefe aus dem Ersten Weltkrieg für die Ausstellung zu leihen, zeigte großen Erfolg, auch die angeregten Gespräche der Besucher freuen ihn.

Geöffnet ist die Ausstellung am Samstag von 11 bis 14 Uhr. Extratermine unter Tel. (09 11) 97 79 44 88.

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