Tief im Bierkeller

27.3.2015, 13:00 Uhr
Tief im Bierkeller

© Foto: Armin Leberzammer

„Bitte stolpern Sie nicht, sonst muss ich den Rest meines Lebens ins Zuchthaus“, warnte Sellner vor dem Eintritt in die Unterwelt. Letzteres war zwar nicht ganz ernst gemeint, doch die 23 ausgetretenen Steinstufen in den Langenzenner Untergrund gemahnten durchaus zur Vorsicht. In den ehemals zur Bierlagerung genutzten Kellern eröffnete sich den Rundgangsteilnehmern eine lange Zeit verschlossene Welt.

Er könnte kaum unscheinbarer sein, der Eingang am Schreiberstorberg: ein kleiner Anbau, der eher an einen ehemaligen Hühnerstall erinnert. Dass die 17 Kellerräume der Brauerei Hauck darunter einst von Menschenhand geschaffen wurden, wird den Besuchern schnell klar – obwohl manche Wand oder Decke sich in den vergangenen Jahrzehnten beinahe zu Tropfsteinhöhlen gewandelt hat. Den größten Raum zieren hier Befestigungen für eine elektrische Beleuchtung (die jedoch nie realisiert wurde) und der Baustoff ist unverkennbar Beton.

Ein bisschen unheimlich kommt einen die Langenzenner Unterwelt selbst als Teil einer großen Besuchergruppe trotzdem vor. Kurt Sellner ging es nicht anders, als er vor Jahren zum ersten Mal in diesen Teil der Stadtgeschichte abtauchte. „Manchmal war ich alleine hier unten“, erzählt er, „da hört man nichts und niemanden, nur wie die Wassertropfen auf den Boden klatschen.“

Nasskalt ist es auch heute noch, an die vormalige Nutzung der Keller erinnert jedoch wenig. Bierfässer sucht man vergebens, ebenso die steinernen Sockel, auf denen sie lagerten. Der höchste, etwa zehn Meter hohe Raum wurde als Eiskeller genutzt. Ein Schacht zum Einwurf der aus Weihern gewonnen Eisbrocken zeugt davon. Seine stattliche Höhe hat aber auch dieser Raum eingebüßt. „1965 sollte der Eiskeller zu einer dreistöckigen Mälzerei umgebaut werden“, erzählt Kurt Sellner, „deshalb wurden damals zwei Zwischendecken einbetoniert.“

1974 war Schluss

Dazu kamen es allerdings nicht mehr, denn im Dezember 1974 stellte mit Hauck die letzte Langenzenner Brauerei ihren Betrieb ein. Damit endete eine lange Tradition. Gleich sieben Brauereien existierten hier vor 100 Jahren: Zur Krone, Grau, Hauck, Schwedentisch sowie der Obere, Mittlere und Untere Kolb, außerdem 18 Gastwirtschaften. Kein Wunder, war die Gegend um die Stadt seinerzeit quasi ein einziger Hopfengarten.

Von den 310 Hektar Anbaufläche im heutigen Landkreis Fürth befanden sich 160 in Langenzenn. „Vor allem der Nordhang jenseits der Zenn war voll mit Hopfenstangen“, erläutert Sellner.

Auf vielen älteren Gebäuden weisen zudem Dachgauben darauf hin, dass dort die Hopfendolden getrocknet wurden. Sogar die Kirchengemeinde vermietete den Dachboden des Gotteshauses. Allerdings nur für kurze Zeit. Denn wenn die Orgel den Dachstuhl zum Vibrieren brachte, rieselte häufig feiner Hopfenstaub auf die Gemeindemitglieder hinab. So weit ging die Liebe zum Bier offensichtlich doch nicht, dass man sich den Sonntagsstaat ruinieren ließ.

Drei Jahrzehnte, bevor in Langenzenn das letzte Fass Bier gebraut wurde – abgesehen vom „Lahma-Bräu“, der seit einigen Jahren die Braukunst als Hobby betreibt – endete während des Zweiten Weltkriegs auch der Hopfenanbau. Die Gründe dafür waren zum einen die Konkurrenz des bis heute berühmten Spalter Hopfens. „Der war einfach besser und preiswerter“, so Sellner. Zum anderen vernichtete damals eine schwere Pilzkrankheit fast alle Pflanzen. Nach Kriegsende wurde die seit dem 18. Jahrhundert betriebene Tradition des Hopfenanbaus dann nicht wiederbelebt. Platz zum Biereinlagern gäbe es noch: Neben dem 200 Meter langen Hauck-Keller befinden sich unter der Oberfläche drei weitere Keller.

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